Nawalny meldet sich nach Koma zu Wort „Gestern konnte ich den ganzen Tag eigenständig atmen“

Moskau · Nach wochenlanger Behandlung in der Berliner Charité hat sich der vergiftete Kreml-Kritiker Alexej Nawalny am Dienstag erstmals wieder zu Wort gemeldet und ein Foto veröffentlicht. Der Kreml-Kritiker will laut seiner Sprecherin nach Russland zurückkehren.

 Alexej Nawalny auf einem Archivfoto.

Alexej Nawalny auf einem Archivfoto.

Foto: dpa/Pavel Golovkin

„Ich kann fast noch nichts machen, aber gestern konnte ich den ganzen Tag eigenständig atmen“, schrieb der 44-Jährige im Internetdienst Instagram und veröffentlichte dazu ein Foto von sich, das ihn auf dem Krankenhausbett sitzend neben seiner Frau zeigt. Nach seiner Genesung will er seiner Sprecherin zufolge nach Russland zurückkehren. Moskau erklärte derweil, es besitze keine Nervengifte der Nowitschok-Gruppe mehr. Mit einem dieser Kampfstoffe wurde Nawalny nach Angaben der Bundesregierung vergiftet.

Der russische Oppositionelle war am 22. August in die Charité eingeliefert worden, nachdem er zwei Tage zuvor auf einem Inlandsflug in Sibirien zusammengebrochen und ins Koma gefallen war. Am Montag hatte die Charité bereits mitgeteilt, dass Nawalny „vollständig von der maschinellen Beatmung entwöhnt“ werden konnte und das Krankenbett nunmehr zeitweise verlassen könne.

 Das Foto zeigt den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny, der sich erstmals seit seiner Vergiftung persönlich geäußert hat. Er schickte einen Gruß und eine Empfehlung von seinem Berliner Krankenbett.

Das Foto zeigt den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny, der sich erstmals seit seiner Vergiftung persönlich geäußert hat. Er schickte einen Gruß und eine Empfehlung von seinem Berliner Krankenbett.

Foto: Screenshot/Instagram/Alexej Nawalny

Seine 1,7 Millionen Abonnenten in dem Online-Dienst ließ der prominente Kritiker von Russlands Staatschef Wladimir Putin zudem wissen: „Ihr fehlt mir.“ Seine Sprecherin machte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP deutlich, dass Nawalny nach seiner vollständigen Genesung auf jeden Fall nach Russland zurückkehren wolle. „Das stand nie in Frage“, betonte sie. Es sei „merkwürdig“, dass gedacht werde, Nawalny könnte ins Exil gehen, schrieb sie auf Twitter.

Nach Angaben der Bundesregierung wurde der Oppositionelle „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet, Labore in Frankreich und Schweden bestätigten den Befund. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem „versuchten Giftmord“ und forderte Aufklärung von der russischen Seite.

Seither haben sich die Spannungen zwischen Berlin und Moskau massiv verschärft. Die russische Regierung weist jede Schuld an der Vergiftung des Gegners von Staatschef Wladimir Putin zurück.

Der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergej Naryschkin, erklärte nun, Moskau sei gar nicht mehr im Besitz von Nervengiften der Nowitschok-Gruppe. Die Gifte seien gemäß den Regelungen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) vernichtet worden, sagte er russischen Nachrichtenagenturen vom Dienstag zufolge. Wer etwas anderes behaupte, betreibe „Desinformation“.

Zudem bekräftigte Naryschkin, Nawalny habe vor seinem Transport nach Berlin keine Anzeichen einer Vergiftung gezeigt. „Fakt ist, dass sich zu dem Zeitpunkt, als Alexej Nawalny russischen Boden verließ, keine Giftstoffe in seinem Körper befanden“, sagte er. „Deshalb haben wir viele Fragen an die deutsche Seite.“ Die Ärzte in dem Krankenhaus in Omsk hätten Nawalny das Leben gerettet und mehrere gründliche Tests und Untersuchungen vorgenommen.

Russland weigert sich bisher, eigene Ermittlungen im Inland zu dem Fall einzuleiten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow brachte erneut sein „Unverständis“ zum Ausdruck, dass Moskau keine Daten zum Gesundheitszustand Nawalnys aus Berlin erhalte. Er fügte hinzu, dass „alle glücklich“ wären, wenn es diesem wieder besser gehen würde. Berlin steht auf dem Standpunkt, dass Moskau aufgrund der Untersuchungen während Nawalnys Krankenhausaufenthalt in Sibirien alle nötigen Daten zu seiner Vergiftung vorliegen müssten.

Nach Ansicht der Mitstreiter von Nawalny in Russland wurde der Oppositionelle zum Abschluss einer Wahlkampftour in Sibirien vergiftet, als er einen Tee am Flughafen trank. Nawalny soll eng vom russischen Geheimdienst überwacht worden sein.

(ahar/özi/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort