Streit um kulturpolitische Entscheidung Intendantin will einzelne Projekte der Ruhrtriennale retten

Bochum · Schon lange kriselte es zwischen Politik und Festival. Erreichen jetzt die Streitereien ein neues Niveau? Manche glauben, der Aufsichtsrat habe die Intendant zum Ende ihrer Arbeit schnell abservieren wollen.

 Stefanie Carp, Intendantin der Ruhrtriennale.

Stefanie Carp, Intendantin der Ruhrtriennale.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Die Entscheidung des Aufsichtsrats der Kultur Ruhr GmbH, die diesjährige Ruhrtriennale wegen der Corona-Pandemie abzusagen, ist nicht im Einvernehmen mit Intendantin Stefanie Carp erfolgt. Sie meldete sich in einer eigenen Mitteilung zu Wort, in der sie die Entscheidung als „verfrüht“ kritisiert. Damit ist sie nicht nur eine der ersten Kultur-Verantwortlichen, die sich gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ausspricht – zumindest was deren Dauer angeht. Mit ihrer Wortmeldung setzt sich auch der seit Beginn ihrer Amtszeit schwelende Streit mit Politik und Aufsichtsrat fort.

Vor Beginn von Carps erster Ruhrtriennale im Sommer 2018 hatte es ordentlich gekracht, weil die Intendantin eine Band ein,- aus- und dann wieder eingeladen hatte, die in der Israel-Boykott-Kampagne BDS aktiv ist. Es bedurfte eines persönlichen Gesprächs und einer öffentlichen Diskussion mit NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, um die Wogen einigermaßen zu glätten. Jetzt stellt sich die Intendantin wieder offen gegen die Ministerin, die die Absage für „unumgänglich“ hält.

Pfeiffer-Poensgen griff Carp gestern scharf an. Die neuerliche Debatte um den Eröffnungsredner zur Ruhrtriennale 2020, Achille Mbembe, und dessen Kritik an Israel habe dem Ansehen des Festivals geschadet, sagte Pfeiffer-Poensgen der WAZ. „Es wäre die Aufgabe der Intendantin gewesen, dies frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen – auch und gerade im Lichte der Ereignisse des Sommers 2018", so die Ministerin. „Bedauerlicherweise hat Frau Carp mit ihrer Kommunikation nicht dazu beigetragen, die Debatte zu versachlichen."

„Wir arbeiten seit Wochen an einem Spielplan, der alle Hygienemaßnahmen berücksichtigt hätte“, sagt hingegen Carp. Sie habe beeindruckt, „wie kreativ und flexibel die Künstler mit den Einschränkungen umgegangen wären. Wir hätten erstaunliche und unvergessliche Kreationen erleben können. Diese Chance ist leider verspielt worden.“ Die Ruhrtriennale wäre laut Carp mit den großen Räumlichkeiten in der Lage gewesen, die Sicherheit der Besucher zu garantieren und trotzdem künstlerisch besondere Lösungen zu finden. Von ihren Gesellschaftern hätte sie sich mehr Flexibilität gewünscht.

Carp will ihr letztes Ruhrtriennale-Programm jedenfalls trotz Absage nicht kampflos aufgeben: „Ich werde versuchen, für einige Projekte neue Aufführungsorte in Nordrhein-Westfalen zu finden, um so ein paar der Produktionen dennoch zu zeigen.“

Olaf Kröck, Intendant der (ebenfalls abgesagten) Ruhrfestspiele möchte den Streit um die Triennale nicht kommentieren. Er räumt jedoch ein: „Kreative Lösungen sind sicher möglich. Darüber hätte man intensiv nachdenken müssen.“

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