Interview mit Söke Dinkla Museumsarbeit unter erschwerten Bedingungen

Duisburg · Trotz geschlossener Museumstüren gibt es für die Mitarbeiter im Lehmbruck Museum viel zu tun. Während der Zwangspause wird unter anderem an der Technik gearbeitet und an digitalen Formen der Kunstvermittlung.

 Söke Dinkla ist Direktorin des Lehmbruck Museums.

Söke Dinkla ist Direktorin des Lehmbruck Museums.

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Vor einigen Jahren musste das Lehmbruck-Museum auch schon einmal kurzzeitig schließen, weil die Deckenplatten in der Glashalle marode geworden waren. Diesmal ist der Einschnitt aber noch gravierender. Das Museum hat seit dem 14. März geschlossen. Wie erleben Sie die Corona-Krise?

Söke Dinkla Die Schließung wegen der Reparatur an den Deckenplatten war vor ziemlich genau acht Jahren. Ich habe das nur aus der Distanz erlebt, da ich zu dieser Zeit noch nicht Direktorin des Museums war. Jetzt hat sich die Situation allerdings ziemlich geändert: Sie werden sich vielleicht wundern, aber unsere Arbeiten an der technischen Instandsetzung des Gebäudes laufen zurzeit besonders intensiv, auch wenn sich unser Alltag so sehr verändert, wie es sich wohl keiner vorher jemals hätte vorstellen können. Jedenfalls haben die Techniker bei uns, soweit das die Vorsichtsmaßnahmen ermöglichen, gut zu tun. Aktuelle Schwerpunkte sind Brandschutzmaßnahmen und Reparaturen an der Klimaanlage.

Das Museum ist für das Publikum gesperrt. Wie setzen Sie innerhalb des Hauses die Empfehlungen oder Anweisungen um, mit denen versucht werden soll, dass sich die Infektionen nicht so rasant steigern, wie man befürchten muss?

Dinkla  Wir arbeiten daran, unseren Beitrag zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus zu leisten; die Schließung war dabei sicher der wichtigste Schritt, um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das Publikum bestmöglich vor gesundheitlichen Risiken zu schützen – das steht im Moment an erster Stelle. Es gibt keine Veranstaltungen mehr, keine Reden, keine Eröffnungen, keine Pressekonferenzen – gravierender kann eine Zäsur im öffentlichen Leben aber auch im Arbeitsalltag unseres Museums kaum sein. Trotzdem geht die Arbeit natürlich weiter. Einige unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten jetzt im Homeoffice, um die Präsenz in den Büros zu reduzieren. Es finden keine persönlichen Treffen in größerer Runde mehr statt: Stattdessen erproben wir gerade bislang kaum genutzte Videokonferenzsysteme, um so die Kommunikation aufrecht zu halten.

Wie ist unter diesen Bedingungen Museumsarbeit möglich?

Dinkla Wir sind trotz der großen Herausforderungen, vor die uns die Verbreitung des Coronavirus stellt, optimistisch. Wir konzentrieren uns und arbeiten zurzeit auf Hochtouren an der Vorbereitung der Verleihung des „Wilhelm-Lehmbruck-Preises der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbands Rheinland“ im September. Es freut mich mitteilen zu können, dass der Kunsthistoriker Stefan Trinks, Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Privatdozent am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität Berlin, die Laudatio auf Janet Cardiff & Georges Bures Miller halten wird. Außerdem bereiten wir gerade mit der Künstlerin Nevin Aladag ihre Präsentation im Rahmen der Reihe „Sculpture 21st“ vor, die wir allerdings auf Anfang November verschieben möchten.

Blicken Sie auch schon über dieses Jahr hinaus?

Dinkla Ja, das nächste Jahr beschäftigt uns jetzt schon sehr, denn wir beteiligen uns mit der Ausstellung „Lehmbruck – Beuys. Alles ist Skulptur“ am Jubiläumsjahr „beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“. Hier laufen die Vorbereitungen schon intensiv ebenso wie für die Ausstellung zum Wilhelm-Lehmbruck-Preis von Cardiff & Miller im nächsten Jahr. Das gesamte Team des Lehmbruck Museums - das möchte ich gern besonders betonen, weil es nicht selbstverständlich ist - arbeitet unter diesen neuen Bedingungen hochkonzentriert, kollegial und mit enormer Arbeitsfreude an den zukünftigen Aufgaben.

Die Zwangsschließung schafft auch Zeiträume, die man sonst nicht hat. Können Sie diese „Pause” irgendwie nutzen?

Dinkla Da gilt in der Tat die alte Weisheit: Jede Krise ist auch eine Chance. So nutzen wir die Zeit, um unsere digitalen Angebote zu erneuern und zu erweitern. Unsere Ausstellung zu „Lynn Chadwick“, die gerade erst eröffnet wurde und schon in den ersten Wochen eine sehr gute Resonanz bei den Besuchern hatte, vermitteln wir im Moment online. Unter dem Motto „Lehmbruck-Museum frei Haus!“ entwickeln wir neue Formate und zusätzliche Online-Angebote auf unserer Website und den Social Media-Plattformen, auf die wir mit einem neuen regelmäßigen Newsletter aufmerksam machen. In der nächsten Zeit werden wir auch die digitale Vermittlung unserer Sammlung ausbauen. Einen ersten Schritt haben wir dazu schon mit dem neuen Internet-Auftritt zu Beginn des Jahres gemacht, weitere neue Angebote sind in der Vorbereitung. So werden größere Teile unserer Lehmbruck-Sammlung demnächst sowohl auf unserer Website als auch auf dem großen Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek einsehbar sein.

Ich habe von Online-Rundgängen in Museen gelesen. Ist so etwas auch im Lehmbruck-Museum geplant?

Dinkla Ja, trotz der Schließung des Museums fallen viele und zum Teil auch neue Arbeiten an, mit denen wir unsere Sammlung präsent halten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Öffentlichkeitsarbeit arbeiten gemeinsam mit der Kunstvermittlung zur Zeit daran, unsere öffentlichen Sonntagsführungen in den digitalen Raum zu übertragen. Sogar die beliebten Workshops des „City Ateliers“ sollen demnächst online stattfinden, um Interessierte zum kreativen Schaffen in den eigenen vier Wänden anzuregen. Es ist eine gute Gelegenheit, unsere digitalen Angebote auszubauen, ein langgehegter Wunsch.

Museumsschließungen sind – um ein Zitat aus der Politik abzuwandeln – trotzdem Mist...

Dinkla Stimmt. Das kann alles natürlich kein Ersatz für den Museumsbesuch werden. Wir alle hoffen, dass die Zeit, in der die Krise zu überwinden ist, überschaubar bleibt, und dass wir das Lehmbruck Museum möglichst bald wieder für unsere Besucher*innen öffnen können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort