Bischofskonferenz in Mainz Katholische Kirche will „ein Zeichen setzen“ für Missbrauchsopfer

Mainz · Die katholischen Bischöfe wählen am Dienstag einen neuen Sprecher. In ihrer Entscheidung wird sich auch zeigen, ob die Kirche den von Kardinal Reinhard Marx eigeschlagenen „Aufbruch“ weitergehen will. Spannend wird auch, wie die Bischöfe mit den Entschädigungen für die Opfer sexuellen Missbrauchs weiterverfahren.

 Kardinal Reinhard Marx gibt sein Amt als Vorsitzender der Bischofskonferenz auf.

Kardinal Reinhard Marx gibt sein Amt als Vorsitzender der Bischofskonferenz auf.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Mit einem Grinsen im Gesicht betrat Kardinal Reinhard Marx in Mainz ein letztes Mal das Podium der Deutschen Bischofskonferenz. Der Noch-Vorsitzende wird das Amt am Dienstag nach sechs Jahren abgeben, „und wie ich sehe, sorgen solche Personalentscheidungen für besondere Spannung“, sagte der 66-Jährige mit Blick in den überfüllten Presseraum.

Die Wahl eines Marx-Nachfolgers als Sprecher aller 69 deutschen Bischöfe ist in Mainz derzeit in aller Munde. Gewählt wird ab Dienstagmorgen, für den Mittag wird mit einer Entscheidung gerechnet. Öffentlich bekannte Kandidaten gibt es nicht, gehandelt werden unter anderem der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, und der gastgebende Mainzer Erzbischof Peter Kohlgraf. Mit Spannung wird erwartet, ob sich erneut ein eher liberaler Kandidat oder ein Konservativer aus dem Kreis um den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki durchsetzt.

Marx jedenfalls scheint, wenig verwunderlich angesichts widerkehrender Meinungsverschiedenheiten mit den Traditionalisten unter den Bischöfen, eine klare Präferenz zu haben: Von seinem Nachfolger erhoffe er sich vor allem, dass dieser den eingeschlagenen Synodalen Weg, mit dem sich die 27 Bistümer in Deutschland für die Zukunft aufstellen wollen, „erfolgreich weitergeht“. Dazu könnte auch gehören, über eine Frau als Nachfolgerin für den ebenfalls scheidenden Sekretär der Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, nachzudenken. „Für die Präsenz von Frauen in Führungspositionen der Kirche wird es höchste Zeit“, sagte Marx.

Doch wer für die Umsetzung dieser Wünsche der richtige Mann ist, dazu wollte sich der Kardinal zum Auftakt der Konferenz freilich nicht äußern. Klar sei: „Für meinen Nachfolger gibt es noch genügend offene Baustellen“.

In der Abendmesse im Mainzer Dom wiederholte Marx seine Forderungen nach einer Modernisierung der Kirche. Unter lautstarken Applaus eines Großteils der Gottesdienstbesucher, sagte Marx in seiner Predigt: „Haben wir den Mut, das hinter uns zu lassen, was nicht der Kern unseres Glaubens, was schal geworden ist.“ Man wolle eine „Kirche des Aufbruchs sein“.

Ähnlich offensiv, in der für ihn so typischen Art der klaren Worte, bezog der Münchner Erzbischof auch zu anderen Themen Stellung: Zum rechten Terror von Hanau und Halle, für den er einen „Nährboden aus Hass“ verantwortlich macht „gegen den wir als Kirche aufstehen müssen“. Ebenfalls besorgt zeigte sich das Oberhaupt der deutschen Bischöfe über die Lage in Syrien und an der türkisch-griechischen Grenze. „Dass wir uns da raushalten und sagen, ‚Das geht uns nichts an‘, halte ich für unwahrscheinlich und nicht akzeptabel“, sagte Marx. „Europa muss eine Antwort finden.“

Und auch das wohl prägendste Thema seiner Amtszeit kam nochmals auf den Tisch: Die Entschädigungen von Missbrauchsopfern, deren Leid man „anerkennen muss“ und für die man „ein Zeichen setzen“ müsse. Vor und während der Abendmesse im Dom zeigten rund ein Dutzend Betroffene Präsenz und hielten den Bischöfen Plakate mit der Zahl der bislang bekannten Opfer entgegen.

Bereits im Vorfeld der Konferenz hatten Opferverbände erneut kritisiert, die Kirche sei nicht an einer Aufarbeitung interessiert. Dem widersprach Marx und kündigte an: „Wir wollen mehr tun als das, wozu wir rechtlich verpflichtet wären.“ Die Versammlung soll darüber abstimmen, wie eine künftig einheitliche Entschädigungslösung in allen deutschen Bistümern aussehen könnte. Sollte es keinen Fortschriftt geben, hält sich die Betroffenenorganisation „Eckiger Tisch“ künftig öffentlichkamswirksamere Aktionen offen. In einem offenen Brief zum Auftakt der Konferenz wird Sprecher Matthias Katsch zitiert: „Wir haben bislang davon abgesehen, Gottesdienste zu stören - das wäre eine Möglichkeit.“

In der Tat: Es gibt einige Baustellen für den Nachfolger von Kardinal Reinhard Marx.

((cbo))
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