TV-Nachlese zu „Maybrit Illner“ Spahn sieht Deutschland gut gerüstet für das Coronavirus

Düsseldorf · Chinesische Propaganda, Vorkehrungen in Deutschland und was Bürger selbst tun können: Bei „Maybrit Illner“ geht es zum Thema „Coronavirus“ sachlich zu - Panikmache dulden die Talkgäste auch untereinander nicht.

 Talkgäste bei "Maybrit Illner" sprechen über das neue Coronavirus.

Talkgäste bei "Maybrit Illner" sprechen über das neue Coronavirus.

Foto: ZDF

Das neue Coronavirus beschäftigt auch die Talkshow-Welt. Am Donnerstag hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine internationale Notlage erklärt. Auch in Deutschland gibt es fünf Krankheitsfälle und in China überholt die Zahl der Erkrankten diejenigen der SARS-Epidemie von 2003. Bei „Maybrit Illner“ diskutieren darüber Fachleute aus Wissenschaft und Politik mit einem China-Experten.

Darum ging’s

Der Name ist Programm: Unter dem Titel „Wettlauf gegen die Krankheit – wie gefährlich ist das Coronavirus?“ sollen die Gäste über das neue Virus, die Maßnahmen in China und in Deutschland und mögliche Auswirkungen sprechen. Die Gäste konzentrieren sich auf unaufgeregtes Informieren. Schließlich ist „Ruhe bewahren“ gerade angesichts der ersten Fälle von Infizierten in Deutschland das Gebot der Stunde. Nur an einer Stelle hält sich einer von ihnen nicht daran – und wird sogleich zurückgepfiffen.

Die Gäste:

  • Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit
  • Prof. Melanie Brinkmann, Leiterin der Forschungsgruppe Virale Immunmodulation am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
  • Dr. Johannes Wimmer, Mediziner
  • Felix Lee, bis 2019 China-Korrespondent der taz

Der Frontverlauf

Am Beginn der Talkrunde steht die Mitteilung, die WHO habe eine internationale Notlage ausgerufen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht darin vor allem ein Signal an Länder mit schwachen Gesundheitssystemen, die nicht einmal den Kontinent mit Deutschland teilen – in Asien und Afrika.

Zur Ansteckungsfrage kann die Wissenschaft noch nicht viel sagen, berichtet die Infektionsforscherin Melanie Brinkmann. Immerhin: Das neue Coronavirus sei offenbar weniger ansteckend als Influenza (das Grippevirus), es gebe allerdings Anzeichen, dass man auch schon jemanden anstecken kann, ehe sich Symptome zeigen. Generell sei eine anfänglich relativ hohe Todesrate bei Epidemien normal, „weil Menschen mit milden Symptomen nicht zum Arzt gehen und sich testen lassen.“

In einem Einspieler erfahren die Zuschauer später, dass China ein solches Verhalten mit Straßenkontrollen unterbindet. Das rigide Vorgehen der chinesischen Regierung, die rund 56 Millionen Menschen unter Quarantäne gestellt hat, hält der langjährige China-Korrespondent Felix Lee für richtig.

Nachdem der Arzt Felix Wimmer den schlimmstmöglichen Krankheitsverlauf auf der Intensivstation dargestellt hat, will Moderatorin Maybrit Illner wissen, ob es für Krankenhäuser und Behörden in Deutschland eigentlich einen Stresstest gibt. Dazu führt Spahn den Umgang mit EHEC-Infektionen vor rund zehn Jahren an. Zudem habe die WHO sich positiv darüber geäußert, wie Deutschland bei den fünf Fällen vorgegangen ist, die sich mit dem neuen Coronavirus angesteckt haben. Das wichtigste sei, die Infektionsketten schnell zu unterbrechen. „Ein Gesundheitswesen wie unseres kann das.“

Daraufhin beschreibt Wimmer, was die Ausbreitung einer solchen Krankheit für den Krankenhausalltag bedeuten würde. „In der Notaufnahme haben die Herzinfarkte und Schlaganfälle keine Pause, nur weil Menschen mit einer ansteckenden Krankheit kommen.“ Er betont, Deutschland habe bislang das Glück auf seiner Seite.

Doch das geht Spahn zu weit. „2020 sind schon 50 Menschen in Deutschland an der Grippe gestorben“, vergleicht er. Wimmer bricht daraufhin einen Streit über die Belastbarkeit von Grippezahlen vom Zaun, doch Spahn wirbt auf der Metaebene um Gelassenheit, und Brinkmann soll schlichten.

Sie stellt klar, dass die 90 Deutschen, die aus China ausgeflogen werden sollen, nicht schwerkrank seien und in Frankfurt auf bestens gerüstete Mediziner treffen würden. Generell seien die Notaufnahmen und Intensivstationen derzeit aber mit der Grippesaison beschäftigt. „Das ist kein so gutes Timing mit diesem Virus aus Asien“, so Brinkmann. Und damit kommt sie auf das, was Bürger in Deutschland tun können: zur Grippeimpfung gehen.

Über den Krankenhausneubau in Wuhan, der in Windeseile fertig werden soll, staunen die Talkgäste. In Deutschland würde die Bundeswehr wohl Lazarettzelte aufbauen oder alte Kasernen ausrüsten, mutmaßt Lee. Im chinesischen Staatsfernsehen liefen hingegen Bilder von der Krankenhausbaustelle. „Da ist viel Propaganda im Spiel“, sagt Lee. Er erinnert daran, dass China noch in den 1990er Jahren besonders auf dem Land überhaupt kein Gesundheitssystem gehabt habe. Seit rund zehn Jahren entwickle das Land eine Grundversorgung für 1,4 Milliarden Menschen. „So etwas hat es in der Menschheitsgeschichte noch nicht gegeben.“ Dennoch sieht Lee in China noch eine ungleiche Versorgung.

In der Schlussrunde geht es erneut um die diktatorischen Strukturen in China mit ihren zentral gesteuerten Maßnahmen. Das erinnert Spahn daran, dass sich Entscheidungsstränge im föderalen Miteinander noch verbessern könnten. „Das ist ja etwas, woran Deutschland vielleicht auch in anderen Bereichen leidet: dass wir nicht so richtig schnell sind im Entscheiden.“

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