Technikmesse CES in Las Vegas Digitale Windeln und Elektro-Träume

Las Vegas · Die Technikmesse CES präsentiert ein Sammelsurium an nützlichen und weniger nützlichen Innovationen. Zwischen Herstellern von Zahnbürsten und digitalen Hundehalsbändern tummeln sich auch viele Autohersteller.

  Das CES-Logo.

Das CES-Logo.

Foto: AFP/ROBYN BECK

Bislang schien das System eigentlich relativ effizient zu sein, immerhin gab es gleich mehrere Faktoren wie Gewicht oder Geruch, die darauf hindeuten konnten, dass die Windel des Kindes voll ist. Doch heute, im Smartphone-Zeitalter, gibt es dafür Pampers Lumi. Dank eines Sensors in der Windel genügt ein Blick auf das Smartphone, um sich anzeigen zu lassen, ob die Windel feucht oder trocken ist. Gleichzeitig können Stuhlgang und Urinieren so penibel protokolliert werden – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Die digitale Windel ist eine der Innovationen, die der Konsumgüterriese Procter&Gamble ab Dienstag auf der Consumer Electronics Show (CES) zeigen wird. Bis zum 10. Januar werden insgesamt rund 175.000 Besucher in Las Vegas erwartet, um sich die wirklichen und vermeintlichen Innovationen der knapp 4400 Aussteller anzusehen.

Die Messe hat sich zu einer der wichtigsten Veranstaltungen des Jahres entwickelt – und das nicht nur für Hersteller von Kleinelektronik. Natürlich werden hier noch digitale Windeln oder Neuheiten bei elektrischen Zahnbürsten gezeigt.

Doch während deutsche Technikmessen wie die Cebit oder die Internationale Funkausstellung (Ifa) eingestellt wurden oder stark an Bedeutung verloren haben, lockt die CES längst auch Aussteller in die Wüste Nevadas, die noch vor einigen Jahren eher in Genf, Detroit oder Frankfurt anzutreffen waren.

Auto-Hersteller und Zulieferer sind inzwischen auf der CES vor Ort, aus Deutschland sind die Premiummarken Audi, BMW und Daimler vertreten, dazu kommen asiatische Hersteller wie Hyundai, Nissan oder Toyota – und natürlich diverse Zulieferer.

So präsentiert Bosch auf der Technikmesse beispielsweise eine innovative Sonnenblende. Diese muss nicht mehr herunter geklappt werden, sondern besteht aus einem transparenten LCD-Display und einer Kamera, die auf den Fahrer ausgerichtet ist. Die Kamera erkennt die Sonneneinstrahlung, das System verdunkelt anschließend laut Bosch nur die Bereiche, durch die der Fahrer sonst geblendet würde. „Besonders wenn Autofahrer morgens und abends von der tiefstehenden Sonne geblendet werden, geraten klassische Sonnenblenden an ihre Grenzen“, sagt Steffen Berns, Vorstand im Bereich Car Multimedia bei Bosch. Die neue Technologie soll laut dem Unternehmen Unfälle verhindern. Blendendes Sonnenlicht sei demnach für mehr als doppelt so viele Unfälle verantwortlich wie Nebel, Glätte oder andere Witterungsbedingungen.

Die Firma Fisker präsentiert wiederum einen SUV mit Solarzellen im Dach und einem Innenraum aus Recycling-Materialien. Die Solarzellen im Dach sollen bis zu 1600 zusätzliche Kilometer pro Jahr ermöglichen, wie Firmenchef Henrik Fisker sagte. Für den Teppich im Innenraum sollen Plastikflaschen wiederverwendet werden, für eine Zierleiste im Cockpit ausrangierte Bekleidung wie T-Shirts. Das alles soll das Modell Fisker Ocean besonders nachhaltig machen. Zugleich macht Fisker eine Kampfansage an die Branche mit einem Startpreis von 37.500 Dollar vor Steuern und Elektroauto-Vergünstigungen. 2022 soll das neue Modell auf den Markt kommen.

Noch mehr Wirbel verursachte allerdings die Vorstellung des Modells M-Byte des chinesischen Elektroautoherstellers Byton. Die Zeit sei reif für einen zweiten reinrassigen Hersteller von hochwertigen, innovativen Elektroautos neben Tesla, sagte dessen deutscher Chef Daniel Kirchert in Las Vegas. Diese Alternative wolle Byton sein. Der M-Byte ist das erste Modell von Byton und soll noch in diesem Jahr an chinesische Kunden ausgeliefert werden. Im kommenden Jahr sollen dann auch Kunden aus den USA und Europa an der Reihe sein. 60.000 Vorbestellungen gibt es angeblich bereits – wohl auch, weil das Fahrzeug mit einem Preis von rund 45.000 Euro deutlich günstiger ist als die elektrischen Varianten von Daimler und Co.

Gleichzeitig wirbt Byton mit den digitalen Möglichkeiten des Fahrzeugs. So sollen die Käufer auf einem beinahe von Tür zu Tür reichenden Display nicht nur Filme, Serien und Musik abspielen können (der Autohersteller hat dazu extra eine Kooperation mit dem Medienkonzern Viacom-CBS geschlossen). Auch Büro-Software wie Excel und Powerpoint lässt sich auf das breite Display bringen, so dass man den M-Byte wie ein mobiles Büro nutzen kann. „Das Auto soll sich nahtlos ins das zunehmend digitale Leben unserer Kunden integrieren“, sagte Kirchert der „Wirtschaftswoche“.

Trotz des Auftakts ist der Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer skeptisch, was die künftige Bedeutung der CES für die Auto-Industrie angeht. „Vor einigen Jahren war der Hype deutlich größer“, sagt der Professor der Universität Duisburg-Essen. Die große Chance, sich stärker als Treffpunkt der Szene zu etablieren, scheine die Messe weniger nutzen zu können. Aus Dudenhöffers Sicht liegt das auch daran, dass viele gemerkt hätten, dass es beim autonomen Fahren nicht so schnell geht, wie es Funktionen wie Teslas „Autopilot“ glauben machen. Stattdessen würden viele Hersteller und Zulieferer eher bodenständige Weiterentwicklungen auf der CES zeigen. Das ist weniger spektakulär, bringt am Ende aber vielleicht mehr als Windel-Sensoren.

Mit dpa

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