Kolumne Total Digital Facebook will keine Presseartikel auf WhatsApp - warum das falsch ist

Meinung | Düsseldorf · Bald können Medien keine Newsletter mehr über den Messenger WhatsApp verschicken. Dabei hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg jüngst den Wert der Meinungsfreiheit betont. Das passt nicht mit der marktbeherrschenden Stellung von WhatsApp zusammen.

 In seiner Rede vor einem Publikum der Georgetown-Universität in Washington betont Facebook-Gründer den hohen Wert der Meinungsfreiheit (Archivbild).

In seiner Rede vor einem Publikum der Georgetown-Universität in Washington betont Facebook-Gründer den hohen Wert der Meinungsfreiheit (Archivbild).

Foto: dpa/Nick Wass

Kurz vor dem Wochenende hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg eine für ihn wichtige Rede an der Georgetown University gehalten. In dieser hat er das Hohelied der Meinungsfreiheit gesungen. Sie stehe selbst über Fakten und Lügen. Zuckerberg will nicht dagegen vorgehen, wenn Politiker Lügen in Anzeigen über seine Netzwerke verbreiten. Er glaube nicht, dass die meisten Menschen in einer Welt leben wollen, in der man nur Dinge posten kann, die Technologiekonzerne für hundertprozentig wahr halten.

Doch hinter den Kulissen ergibt sich ein anderes Bild: Wenn Sie unseren RP ONLINE Newsletter per WhatsApp lesen, werden Sie sich in der Adventszeit davon verabschieden müssen. Facebook hat die Regeln der Kommunikation für Unternehmen bei seinem Messengerdienst WhatsApp neu definiert, und duldet künftig keine Newsletter mehr. Medien trifft dies besonders hart. In den vergangenen Jahren haben sie die Erfahrung gemacht, dass viele Leser den Dienst sehr schätzen. Das drückt sich nicht nur in den Reaktionen, sondern auch in den Zahlen aus. Bei der Rheinischen Post lassen sich mehr als 13.000 Nutzer Regionalnachrichten schicken. 10.000 Nutzer hören täglich unser Morgenbriefing als Sprachnachricht.

Ich halte die Entscheidung für falsch. Zuckerberg kann nicht die Meinungsfreiheit über alles stellen und gleichzeitig Qualitätsmedien keine Möglichkeit geben, auf dieser marktbeherrschenden Plattform stattzufinden. In diesem Jahr ist laut der ARD-ZDF-Onlinestudie die Zahl der WhatsApp-Nutzer in Deutschland noch einmal gestiegen. 75 Prozent der Deutschen nutzen die App mindestens einmal in der Woche. Laut Digital News Report ist WhatsApp die drittwichtigste App, mit der sich Deutsche über Nachrichten informieren. Künftig können die Nutzer zwar weiter Links zu Nachrichten teilen, Qualitätsmedien können ihre Nachrichten aber nicht mehr selber präsentieren.

Vielleicht waren sich die Entscheider bei Facebook dieser Tatsache nicht bewusst. Nachrichten-Newsletter sind vor allem im deutschsprachigen Raum ein Phänomen. In den vergangenen Jahren stand WhatsApp in Brasilien, Indien und anderen Ländern in der Kritik, weil sich Falschnachrichten wie ein Lauffeuer verbreiteten und zu Unruhe und sogar Gewalt unter der Bevölkerung führten. Seitdem gibt es Funktionen, die das schnelle Verbreiten von Nachrichten auf WhatsApp regulieren.

Auf den ersten Blick ist es deswegen nachvollziehbar, dass Facebook Unternehmen Chat- und Support-Anfragen auf WhatsApp erlauben möchte, aber den Massenversand von Nachrichten unterbindet. Qualitätsmedien aber keine Möglichkeit zu geben, auf dieser gesellschaftlich relevanten Plattform aktiv zu sein, ist gerade, mit den Worten von Mark Zuckerberg im Ohr, unverständlich.

Falls Sie den WhatsApp-Newsletter von RP ONLINE nutzen und sich fragen, wie es weitergeht: Wir werden Sie in Kürze über das Ende des Newsletters und über Alternativen informieren. Unsere internen Beratungen sind hierzu noch nicht abgeschlossen.

(dafi)
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