Joe Kaeser macht Ärger Luft „Die Siemens-Aktie ist kein Gefängnis“

München · Konzernchef Joe Kaeser verteidigt die Abspaltung des Kraftwerksgeschäftes und erteilt einem schnellen Börsengang der Mobilitätssparte eine harsche Absage. Die Anleger reagieren positiv.

 Siemens-Chef Joe Kaeser

Siemens-Chef Joe Kaeser

Foto: dpa/Peter Kneffel

Es ist die allerletzte Frage bei der Siemens-Pressekonferenz am Mittwoch, die zu einem emotionalen Ausbruch von Joe Kaeser führt. An Tag eins nach der Ankündigung des radikalsten Umbaus in der Konzerngeschichte, der Abspaltung der Kraftwerkssparte, sollte es um die hervorragenden Halbjahreszahlen und die Folgen der angekündigten Pläne gehen. Dann will ein Journalist ganz zum Schluss der Fragerunde wissen, wie es denn nun mit der Bahntechniksparte Mobility von Siemens weitergehe. Der Siemens-Chef war im Februar damit gescheitert, den Bereich mit der Zugsparte des französischen Konkurrenten Alstom zu fusionieren. Die EU hatte die Fusion gestoppt. Ob auch dort ein Verkauf eine Option sei, will der Journalist wissen, da bricht es aus Kaeser heraus: „Eine Diskussion um die Weiterentwicklung der Mobilität ist keine Frage, wann wir was an die Börse bringen, sondern mit welchen Mitteln wir letztlich Innovationen und eine Stärkung des Geschäftes betreiben“, sagt Kaeser und fügt scharf hinzu: „Wer im Aktienmarkt mit diesen Prioritäten ein großes Problem hat, der kann ja die Aktien von Siemens verkaufen. Das ist kein Gefängnis.“

Kaesers Ausbruch gilt weniger dem Journalisten, als vielmehr der Sorge, auch sein Unternehmen könne ins Visier aktionistischer Investoren geraten. Der Siemens-Chef will keine Szenarios haben, wie sie sich beispielsweise beim Essener Technologiekonzern Thyssenkrupp abspielen, wo große Investoren in der Vergangenheit auf eine Versilberung von Unternehmensteilen aus waren, um kurzfristig Kasse zu machen. „Wir verstehen uns nicht als Handelsplattform für Asset-Trade“, poltert Kaeser. Natürlich schließt auch er einen Börsengang oder ein Joint Venture nicht kategorisch aus. Doch nur einen Tag nach Bekanntgabe der Abspaltung des Energiegeschäftes will er nicht gleich die nächste Baustelle aufmachen.

Kaeser hatte am Abend zuvor angekündigt, bis September 2020 die Kraftwerkssparte in eine eigene Gesellschaft auszulagern, dem Unternehmen die Mehrheitsanteile an der Sparte für erneuerbare Energien zuzuschlagen und es an die Börse zu bringen. Zudem hatte er den Abbau von mindestens 10.400 Stellen angekündigt, zugleich aber erklärt, 20.500 neue schaffen zu wollen. Kaeser will den Konzern stärker zu einem Spezialisten für Digitalisierung machen – sowohl im industriellen Sektor als auch im Bereich der städtebaulichen Vernetzung.

An der Börse kamen sowohl diese Pläne als auch die guten Halbjahreszahlen gut an. Siemens-Papiere notierten zum Börsenschluss mit einem Plus von 5,57 Prozent bei 107,16 Euro – und schoben damit maßgeblich den deutschen Aktienindex Dax an.

Die Geschäfte laufen gerade rund bei den Münchnern: Der Umsatz des Technologiekonzerns legte im zweiten Quartal um vier Prozent auf knapp 21 Milliarden Euro zu, die Auftragslage zog weiter an und stieg um rund sechs Prozent auf 23,6 Milliarden Euro, wie Siemens am Mittwoch in München mitteilte.

Das operative Ergebnis lag mit rund 2,4 Milliarden Euro um sieben Prozent über dem Vorjahresquartal. Zwar gilt seit April eine neue Konzernstruktur, doch die Zahlen präsentierten die Münchner noch nach altem Modell.

Unter dem Strich verdiente Siemens mit 1,8 Milliarden Euro leicht weniger als im Vorjahr, als 1,95 Milliarden Euro erzielt wurden. Marktexperten hatten allerdings im Vorfeld einen deutlicheren Rückgang erwartet. Dabei wirkten sich Steuereffekte positiv aus. Im vergangenen Jahr hatte Siemens zudem von einem Sondergewinn profitiert.

mit dpa

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