Treffen in Bratislava Die Slowakei hilft Merkel

Bratislava · Es war eine schwierige Reise. Doch selbst bei der Flüchtlingspolitik gab es beim Treffen von Kanzlerin Merkel mit der Visegrad-Gruppe freundliche Worte. Aber wie lange halten die Freundlichkeiten an?

 Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschefs aus Ungarn, Viktor Orbán (l.), und der Slowakei, Peter Pellegrini.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschefs aus Ungarn, Viktor Orbán (l.), und der Slowakei, Peter Pellegrini.

Foto: dpa/Martin Mikula

(dpa) Autoindustrie, EU oder Entwicklungshilfe – Deutschland und die vier Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei wollen nach jahrelangen Zwistigkeiten wieder enger zusammenarbeiten. Besonders auffällig dabei ist ein gemeinsames Entwicklungsprojekt in Marokko zur Bekämpfung von Fluchtursachen, zumal die Vierergruppe bisher die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin vehement ablehnte und sich einem Verteilungsschlüssel von Flüchtlingen in der EU widersetzte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Donnerstag in der slowakischen Hauptstadt Bratislava bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Regierungschefs der Gruppe, für sie sei das ein Beispiel, dass man auch in diesem Bereich enger zusammenarbeiten wolle. Die Anregung zu dem Projekt kam den Angaben zufolge vom Gastgeber, dem slowakischen Ministerpräsidenten Peter Pellegrini. Details zu dem Vorhaben wurden nicht genannt.

Merkel hob sowohl bei einem bilateralen Treffen mit Pellegrini als auch im Fünfer-Kreis hervor, dass Deutschland auch die Zusammenarbeit in der Wirtschaft, und hier insbesondere in der Automobilindustrie, mit diesen Staaten ausbauen wolle. Themen seien umweltfreundliche Antriebe und Digitalisierung im Verkehr. Der Handelsaustausch Deutschlands mit den vier Visegrad-Staaten insgesamt ist den Angaben zufolge größer als der mit China oder den USA.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zeigte sich überzeugt, dass die Europawahl im Mai Europa verändern werde. Er kritisierte, dass derzeit ein „Kerneuropa“ weitgehend das Sagen habe. Er verlangte, dass in der EU in Zukunft die „demokratischen Grundregeln“ eingehalten werden.

Offizieller Anlass des Treffens war der 30. Jahrestag des Mauerfalls. Merkel hob hervor, dass die politische Wende in den Ländern der Visegrad-Gruppe wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Wiedervereinigung Deutschlands friedlich stattfinden konnte.

Die Bundeskanzlerin sagte Pellegrini Unterstützung im slowakischen Bemühen zu, deren Hauptstadt Bratislava zum Sitz der Europäischen Agentur für Arbeit zu machen. Die Slowakei sei mittlerweile fast das einzige Mitgliedsland, in dem noch keine Institution der Europäischen Union ihren Sitz habe, beklagte der Sozialdemokrat Pellegrini.

Die enge Verknüpfung mit der Bundesrepublik ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Slowakei zum Missfallen Viktor Orbáns in europäischen Streitfragen wiederholt aus der Verweigerungsfront der Visegrad-Gruppe ausscherte. So gehört die Regierung in Bratislava zwar auch zu den Kritikern von Merkels Flüchtlingspolitik, zeigt sich aber stets gerade so weit kompromissbereit, dass sie als einziger der Visegrad-Staaten nicht von einer Klage der Europäischen Union wegen der Verweigerung der Flüchtlingsaufnahme aus Italien und Griechenland betroffen war.

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