Mundartgedichte mit Übersetzung ins Hochdeutsche Krefelds Heinz Erhardt heißt Jupp Schäfer

Krefeld · Neuer Gedichtband mit Übersetzungen aus dem „krieweelsch Platt“ ins Hochdeutsche erschienen. Die Publikation ist eine Hommage an den „Spekelöres“ alias Josef „Jupp“ Schäfer.

 Buchvorstellung Spekelöres: Katrin Hufschmidt, Colin Schäfer, Margarethe Schäfer, Karl Malutzki, Gerd Rudolph, Stefan Kronsbein, Detlev Sackenheim und Klaus Schäfer.

Buchvorstellung Spekelöres: Katrin Hufschmidt, Colin Schäfer, Margarethe Schäfer, Karl Malutzki, Gerd Rudolph, Stefan Kronsbein, Detlev Sackenheim und Klaus Schäfer.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Gedichte des 1962 verstorbenen Krefelders Josef „Jupp“ Schäfer erinnern an die des berühmten deutschen Komikers und Schauspielers Heinz Erhardt. Als Beleg für diese Einschätzung zitierte Detlev Sackenheim am Mittwoch in der Mediothek am Theaterplatz Schäfers Zeilen über den „Hennenstreik“. „Auf dem Mist, so stolz wie nie, steht der bunte Hahn und laut mit Kikerikie ruft er die Hennen in die Bahn: „Hört zu! Ich muss frank und frei ein Wörtchen Euch mal sagen: Eure Eierlegerei will mir nicht behagen. Ihr wollt täglich Euer Futter und das kostet Geld, wir sind hier nicht bei Mutter, wo das gar nicht zählt.“

Sackenheim hat vor rund drei Jahren von Schäfers Sohn Klaus erstmals vom in Krefelder Mundart gedichteten Nachlass erfahren. Der frühere Kameramann machte sich an die Übersetzung ins Hochdeutsche und entwickelte dabei den Ehrgeiz, auch das Ergebnis in Reimform vorzulegen. „Das ist mir zu 98 Prozent geglückt. Für den Rest habe ich mir die künstlerische Freiheit gegönnt, eine andere Lösung zu finden“, sagte er bei der Vorstellung des Buches „Spekelöres“, in dem 55 Gedichte und zwei Geschichten in krieweelsch Platt des 1906 geborenen Krefelders samt Übersetzungen in Hochdeutsche veröffentlicht sind.

Bei der Vorstellung der neuen Publikation waren neben Verleger Stefan Kronsbein unter anderem auch die Herausgeber Klaus und Colin Schäfer (Enkel), Gerd Rudolph und Karl Malutzki anwesend. Vor genau 30 Jahren hatte die Familie bereits eine kleine Auflage, der in der Zeit von 1959 bis 1962 in der Westdeutschen Zeitung erschienenen Kolumnen in bescheidener Qualität drucken lassen. Seit gestern ist die überarbeitete, zweisprachige Ausgabe in den Buchhandlungen zum Preis von 19 Euro erhältlich. Die Veröffentlichung wurde durch finanzielle Unterstützung des Krefelder Kulturbüros und des Vereins für Heimatkunde ermöglicht.

Das Druckwerk sei eine gute Möglichkeit für hinzugezogene Krefelder, sich das heimatliche Platt zu erschließen, sagte Kronsbein. „Das ist unser pädagogischer Ansatz“, sagte er schmunzelnd. Die Zeiten, in denen Mundart als Sprache der Straße verpönt gewesen sei, seien vorbei. „Heute gibt es wieder ein Interesse am gesprochen Wort“, sagte Kronsbein. Dass die „Mundart“ auch geschrieben  eine Berechtigung hat, beweist Jupp Schäfer. Enkel Colin hält die Schriftform gar für unverzichtbar, um die Tradition zu bewahren.

Das sieht auch Detlev Sackenheim so. Der Freund der Familie war selbst im Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff im Indischen Ozean mit dem neuen Buch beschäftigt. Verleger Kronsbein mailte ihm die Korrekturfahnen zu und die Crew druckt die mehr als 90 Seiten aus, damit er sich auf die Spur nach Tippfehlern machen konnte. Über seine Übersetzungsarbeit hinaus steuerte Sackenheim ein eigenes mehrseitiges Gedicht mit dem Titel 100 Jahre bei. Darin verarbeitete der Autor Geschichten aus der Zeit von 1918 bis 2018. Enthalten sind auch Erlebnisse seines Vaters, der im März im Alter von 95 Jahren gestorben ist. Dabei geht es um Soldaten, die im Gleichschritt über die Rheinbrücke marschieren wollten und einen „krausen Baum“ in Linn, der über Nacht verschwunden war. „Ich hatte stark den Verdacht, dass mein Vater und Bekannte damit zu tun hatten, um in schwierigen Zeiten Brennholz zu beschaffen“, sagte Sackenheim. „Die Winter waren hart in Krefelds Nachkriegswelt, und man brauchte Brennstoff — ohne Geld. Da wurde heimlich in der Nacht der ,kruese Buem’ gefällt, der Richtung Linn am Wegesrand seit 100 Jahren riesig stand. Zerhackt, zersägt in 1000 Stücke schloss er so manche Heizungslücke.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort