Tanz 40 Jahre „Café Müller“

WUPPERTAL · Mit einer Schau im ehemaligen Wuppertaler Schauspielhaus erinnert die Pina Bausch Foundation an ein legendäres Stück Tanztheater. 2019 ist der zehnte Todestag der Choreografin.

 Die Choreografin Pina Bausch 2003 bei der Generalprobe zur Aufführung „Café Müller“ in der Bochumer Jahrhunderthalle.

Die Choreografin Pina Bausch 2003 bei der Generalprobe zur Aufführung „Café Müller“ in der Bochumer Jahrhunderthalle.

Foto: dpa

Schmales Gesicht, die Haare zum Zopf gebunden, nur in einem dünnen Nachthemdchen bekleidet, die Arme suchend nach vorne gestreckt, die Augen geschlossen: So steht sie da, eingefroren in dem Moment. „Café Müller“ war eines der wenigen Stücken, in denen Pina Bausch selbst tanzte. Schon deshalb nimmt es eine Sonderstellung im Werk der Choreografin ein. In diesem Jahr wird das Stück 40 Jahre alt. In Kombination mit Strawinskys „Frühlingsopfer“ gehört es zu den meist gespielten Abenden des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch und ist weltweit zu einer Art Markenzeichen der Compagnie geworden.

Passend zur aktuellen Aufführungsserie der beiden Stücke im Wuppertaler Opernhaus (bis 11. November) zeigt die Pina Bausch Foundation im Foyer des eigentlich geschlossenen Schauspielhauses eine Ausstellung mit rund 100 Fotos, meist in Schwarz-Weiß, und drei Videos zu dem melancholischen Stück „Café Müller“. Damit läutet das Archiv, das sich seit neun Jahren, seit dem Tod der großen Choreografin, um deren Nachlass kümmert, seine zunehmende Öffnung ein. Die soll im kommenden Jahr zum Jubiläum weitergeführt werden. Das Schauspielhaus ist dabei ein besonderer Ort: Hier soll, falls Stadt, Land und Bund sich über die Kosten einig werden, ein Pina-Bausch-Zentrum entstehen. Die kulturpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen sind schon zur Schau nach Wuppertal gekommen, um sich vor Ort einen Überblick über das stark sanierungsbedürftige Schauspielhaus zu machen.

„Café Müller“ war zu seiner Entstehung 1978 der Titel eines vierteiligen Abends, zu dem neben dem bis heute aufgeführten Werk auch Stücke von Gerhard Bohner, Gigi-Gheorghe Caciuléanu und Hans Pop gehörten. Dies blieb das erste und einzige Mal, dass Pina Bausch andere Choreografen einlud, in Wuppertal zu arbeiten. Geblieben ist nur Bauschs Version, die seit 1982 meist in Kombination mit „Frühlingsopfer“ und häufig mit Live-Musik, wie nun im Opernhaus mit dem Sinfonieorchester Wuppertal, gezeigt wird.Vier Personen in einem Café, eine Frau mit Perücke, Dunkelheit, ein Mantel: Das waren die Vorgaben an alle Choreografen des Ursprungs-Abends. Ausschnitte aus den damaligen Stücken sind in der Ausstellung als Video zu sehen, genauso wie Szenen mit Seltenheitswert: Pina Bausch mit Rolf Borzik in „Café Müller“. Ihr Lebenspartner und Bühnenbildner starb bereits 1980.

Ismael Dia, der das Fotoarchiv der Pina Bausch Foundation leitet, hat die Fotos aus 1600 zu „Café Müller“ herausgesucht und thematisch gruppiert. Es gibt Aufnahmen, bei denen die Bewegung mehr im Vordergrund steht, dann wieder die Besetzungen (in 40 Jahren haben rund vier Tänzer die Rollen gespielt). Dazu wenige intime Momente der Zweisamkeit, etwa wenn Dominique Mercy der Frau mit der Perücke ganz nah ist. Entfremdung und Einsamkeit sind Themen, die zur Musik von Henry Purcell ihre Wirkung entfalten. Dazu passen die Fotos: Jean-Laurent Sasportes steht allein im Halbdunkel der Seitenbühne und wartet auf seinen Auftritt. Pina Bausch als somnabule Grenzgängerin, gefangen in einer Drehtür, deren kühles Metall im Scheinwerferlicht glitzert.

Viele der analogen Fotos haben nichts an Kraft verloren, im Gegenteil. Wenn Pina Bausch, aufgenommen aus der Froschperspektive, inmitten der Stühle ganz klein und verloren aussieht, die Arme weit ausgestreckt, dann berührt diese Szene genauso wie vor 40 Jahren.

Ausstellung im Schauspielhaus Wuppertal: bis 11. November (di-fr 17-20 Uhr, sa+so 15-20 Uhr)
Aufführungen „Café Müller“ und „Das Frühlingsopfer“ im Opernhaus Wuppertal: 6., 8., 10 + 11. November. Restkarten unter: www.kulturkarte-wuppertal.de

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