Berlin Landesverrat? Ermittlungen ruhen

Berlin · Generalbundesanwalt Range will ein Gutachten zu den Vorwürfen abwarten.

Die Ermittlungen von Generalbundesanwalt Harald Range gegen die Verantwortlichen des Blogs Netzpolitik.org wegen möglichen Landesverrats haben eine Welle der Empörung ausgelöst. Parteiübergreifend äußerten Politiker Bedenken gegen das Vorgehen des Bundesanwalts. Gestern teilte Range mit, die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org würden ruhen, solange ein Gutachten erstellt werde, ob es sich bei den veröffentlichten Dokumenten um Staatsgeheimnisse handle.

Der Blog hatte vor Wochen vertrauliche Pläne des Verfassungsschutzes online gestellt, wonach Internet-Netzwerke stärker überwacht werden sollen. Behördenchef Hans-Georg Maaßen erstattete Anzeige gegen Unbekannt, Range leitete ein Ermittlungsverfahren ein.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, er habe Zweifel, ob die Journalisten mit ihrer Veröffentlichung die Bundesrepublik hätten benachteiligen wollen. Auch das Kanzleramt zeigte sich irritiert. Es sei nicht über die Ermittlungen des Bundesanwalts informiert worden, hieß es aus Regierungskreisen. Der Ex-Datenschutzbeauftragte Peter Schaar geht hingegen davon aus, dass zumindest Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorab Bescheid wusste.

Bundesanwalt Range wird nun vorgeworfen, die Pressefreiheit einschränken zu wollen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte: "Wegen Landesverrats gegen Journalisten zu ermitteln, die die Abhörpraxis von Geheimdiensten aufdecken wollen, ist unglaublich, zynisch und demokratieschädigend." Stephan Mayer (CSU), Innen-Experte der Unionsfraktion, sieht das anders: "Es ist keinesfalls verwerflich, wenn der Generalbundesanwalt in diesem konkreten Fall prüfen lässt, ob der Tatbestand des Landesverrats gegeben ist."

(jd/mar)
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