Persönlich Michail Gorbatschow . . . feiert seinen 85. Geburtstag

Es ist ruhig geworden um Michail Gorbatschow, den ehemaligen Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Heute wird der erste und letzte Präsident der UdSSR 85 Jahre alt. "Gorbi" wurde im Westen wie ein Messias gefeiert. Mit dem Funktionär betrat nach Jahrzehnten ein Russe die internationale Bühne, den man nicht fürchten musste. Der studierte Jurist und Vater einer Tochter plädierte stets für ein "neues Denken" und spielte mit dem Gedanken, ein "gemeinsames Haus Europa" zu errichten als Fundament einer neuen Sicherheitsarchitektur. Der Westen schätzte und hofierte ihn dafür. Der Zusammenbruch der UdSSR brachte hingegen die Mehrheit der Bürger im eigenen Land gegen ihn auf. Das ist die Tragik des Reformers, der die Drohgestalt des gepanzerten Russen im Westen und im sowjetischen Herrschaftsbereich demontierte.

Heute zählt wieder das Gegenteil: Macht und Militarismus, mit denen Moskau den Nachbarvölkern droht. Viel Feind, viel Ehr', lautet die Devise des Kreml. Das Lebenswerk des Reformers - die Ost-West-Entspannung - gehört der Geschichte an. Russland befindet sich wieder dort, wo Gorbatschow den Systemgegensatz auflöste. Seit er 1991 notgedrungen vom Amt des Präsidenten zurücktrat, gelang es ihm nicht mehr, eine politische Rolle zu spielen. Als er 1996 zu den Präsidentschaftswahlen antrat, erhielt er ein halbes Prozent. Mal äußerte er sich kritisch über das System Putin, mal war er davon überzeugt, dass Putin besser als jeder andere die Interessen Russlands verteidige. 2015 stimmte er sogar in den Hassfeldzug gegen die USA ein. Selbst Deutschland verschonte er nicht. Mit Blick auf die Ukraine wolle sich Berlin an der neuen Teilung Europas beteiligen. Das ist verstörend zu hören von einem der größten Reformer des 20. Jahrhunderts. Bei bester Gesundheit ist Gorbatschow zwar nicht mehr, doch sein Geist ist wach.

Klaus-Helge Donath

(RP)
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