Mannheim/Essen Bilfingers Baustellen nach Roland Koch

Mannheim/Essen · Der Gewinn des Baukonzerns sank um 30 Prozent. Nun muss Interimschef Herbert Bodner den Umbau vorantreiben und neues Vertrauen aufbauen. Dabei hält die Bilfinger-Krise auch Lehren für ThyssenKrupp bereit.

Mannheim/Essen: Bilfingers Baustellen nach Roland Koch
Foto: dapd, Daniel Maurer

Zumindest ein Chef eines NRW-Großkonzerns schaut sich im Moment die Krise rund um den Baukonzern Bilfinger genau an: Das ist Heinrich Hiesinger, der Vorstandschef von ThyssenKrupp. Als wichtiger Aktionär von Bilfinger mit einem Anteil von 21 Prozent drängte der Investor Cevian bei dem Baukonzern auf höhere Gewinne - als Vorstandschef Roland Koch diese nicht liefern konnte, musste der frühere Ministerpräsident von Hessen gehen.

Jetzt scheint Cevian auch bei ThyssenKrupp auf bessere Zahlen zu drängen - "Jagd in drei Stufen" nannte dies gestern die "Wirtschaftwoche". Zuerst kaufe Cevian Aktien eines Konzerns und lobte dann zur Pflege des Aktienkurses auch das Management - so früher bei Cevian und so vergangenes Jahr auch bei ThyssenKrupp.

Dann dränge Cevian auf bessere Arbeit, so im vergangenen Jahr immer stärker bei Bilfinger und nun angeblich auch bei ThyssenKrupp, wo der Großaktionär 15 Prozent der Anteile hält. Und als dritte Stufe kümmert sich Cevian sogar um Details des Geschäftes - CDU-Mitglied Koch musste gehen, bei ThyssenKrupp scheint diese Phase laut "Wirtschaftswoche" erst bevorzustehen.

Dabei bestätigen die gestern vorgelegten Zahlen von Bilfinger, dass das Unternehmen eine große Baustelle ist. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) brach von April bis Juni um 30 Prozent auf 65 Millionen Euro ein. Auch der Auftragseingang ging im zweiten Quartal stark zurück um 15 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Und die Aktie ist seit Anfang April von 90 Euro auf nur noch 55 Euro abgestürzt - insgesamt hat Bilfinger seit April 1,6 Milliarden Euro seines früheren Wertes von knapp vier Milliarden Euro verloren.

Damit der Kurs wieder steigt, müssen Interimschef Herbert Bodner und Oberaufseher Bernhard Walter folgende Probleme lösen:

Der Konzernumbau muss konsequent umgesetzt werden. Zum Jahresbeginn wurden die sieben Teilkonzern-Holdings in den Gesamtkonzern integriert - bis Ende 2015 sollen 1250 Verwaltungsstellen wegfallen. Das hat Roland Koch angekündigt, Bodner muss die Ziele erreichen.

Dabei soll Bilfinger sich in einen Dienstleistungskonzern für Wartungen von Industrieanlagen, Kraftwerke und Immobillien verwandeln. Das Ziel klingt gut, aber Koch hatte es nur teilweise geschafft, zugekaufte Unternehmen zu integrieren. Außerdem ist noch unklar, ob ein lukrativer Verkauf großer Teile der Tiefbausparte klappt.

Außerdem muss Bilfinger mit den Folgen der Energiewende besser klarkommen. Ex-Politiker-Koch hat te vorrrangig öffentlich darüber geklagt, dass wichtige Kraftwerkaufträge wegen des Ökostrombooms wackeln, die neue Führung versucht nun die Krise zu bewältigen, doch kürzlich wurde noch ein großer Auftrag aus Polen storniert.

Als Vorwärtsstrategie verkündete Finanzvorstand Joachim Müller nun gestern, Firmenzukäufe in den USA wagen zu wollen, um dort am Schiefergasboom ("Fracking") teilzuhaben. Das hätte auch noch den Nebeneffekt, dass Bilfinger sein Geschäft stärker internationalisiert.

Als größte Herausforderung muss der Konzern neues Vertrauen aufbauen. So ist Hauptaufgabe von Vorstandschef Bodner, einen Nachfolger für sich selbst zu finden. Der 65-Jährige soll nur bis Ende Mai 2015 den Konzern führen, nachdem er ihn bis 2011 bereits einmal geleitet hatte. Dann soll Bodner Vorsitzender des Aufsichtsrates werden, wenn der nun 72-jähriger Bernhard Walter das Amt abgibt. Das Gehalt der Nummer eins bei Bilfinger liegt bei 2,4 Millionen Euro. Es reichte, um Roland Koch aus der Politik wegzulocken, ob es reicht, um nun einen echten Wirtschaftsprofi anzuheuern bleibt abzuwarten - viele Konzerne zahlen ihren Chefs mehr.

(RP)
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