"King of Queens" Die Sitcom der tapferen Verlierer

New York · Kaum eine Serie hilft besser gegen schlechte Laune als "King of Queens". Sie ist nicht nur lustig, sondern vermittelt auch eine tröstliche Botschaft: Es gibt ein glückliches Leben im Scheitern. Ab dem 1. Januar zeigt RTL Nitro alle Staffeln.

 Der Star der Serie ist Kevin James.

Der Star der Serie ist Kevin James.

Foto: dpa, wt lb vfd axs

Carrie (Leah Rimini) ist verzweifelt. Die Kirchengemeinde in ihrem Viertel veranstaltet ein Wohltätigkeitsfest, und alle Frauen backen dafür Kuchen. Carries Problem: Sie kann nicht backen. Eigentlich wollte sie ja eine gekaufte Torte mitbringen, doch ihr Mann Doug (Kevin James) ging ihr so lange auf die Nerven, bis sie sich widerwillig an das Herstellen eines Teigs machte.

 Leah Remini spielt die weibliche Hauptrolle.

Leah Remini spielt die weibliche Hauptrolle.

Foto: dpa, pf_ss hpl kde

Carrie ist eine emanzipierte Frau, doch als einzige in der Gemeinde als Back-Versagerin dazustehen, ging dann doch zu weit. Womöglich halten sich die anderen Trullas dann für etwas Besseres. Sie arbeitet die Nacht durch, trinkt mit wachsender Verzweiflung mehr Schnaps und holt am Ende einen Kuchen aus dem Backofen, der ungefähr die Größe eines Snickers hat. Da die Zeit nicht mehr für einen neuen Kuchen reicht, stülpen Carrie und Doug einen blickdichten Deckel darüber. Auf dem Fest landet dann Doug in einer Art Reise-nach-Jersualem-Spiel, bei dem jeder Teilnehmer vor einem Kuchen stehen bleiben muss, wenn die Musik aufhört.

Am Ende sind nur er und ein Nachbar übrig, dessen Frau das Backen quasi erfunden hat. Unter den drohenden Blicken von Carrie versucht Doug verzweifelt, im richtigen Moment vor dem eigenen Kuchen zu stehen, den er als "Gewinn" schnell verschwinden lassen will. Es klappt natürlich — nicht. Die Nachbarn sehen das kümmerliche Küchlein und sind empört. Die Episode ist charakteristisch für das Ehepaar Doug und Carrie, Hauptfiguren der US-Sitcom "King of Queens", die von 1998 bis 2007 ausgestrahlt wurde und neun Staffeln umfasst. Er ist ein dicklicher Kurierfahrer, der seine Freizeit vornehmlich mit Essen und auf der Couch lümmeln verbringt, sie eine Bürosekretärin, die zwar ständig versucht, mit den vornehmen Leuten in Manhattan mitzuhalten, am Ende aber genauso glücklich mit ihrem einfachen Leben in Queens ist wie ihr Mann.

Im Keller ihres Hauses wohnt außerdem Carries Vater Arthur (Jerry Stiller), ein cholerischer Maniac, der wahlweise an Verfolgungs- oder Größenwahn leidet und jedes Gespräch grundsätzlich mit einem Tobsuchtsanfall und wüsten Beschimpfungen beendet. Weder schlau noch schön "King of Queens", das auch in Deutschland eine große Fangemeinde hat, besetzt eine Nische im Reigen der US-Sitcoms.

Es ist der Gegenentwurf zu Heile-Welt-Serien wie der "Cosby Show", verzichtet aber auch auf Zynismus, wie er in "Eine schrecklich nette Familie" zelebriert wurde. Die Protagonisten der Serie sind weder sonderlich schlau noch sonderlich schön, versuchen aber dennoch tapfer, ein würdevolles Leben hinzubekommen. Finanziell kommen sie halbwegs über die Runden, große Sprünge sind aber nicht drin. Deswegen packt Carrie regelmäßig blanker Neid, etwa als das befreundete Ehepaar Deacon (Victor Williams) und Kelly (Merrin Dungey) ihr und Doug eröffnet, ein Wochenendhaus gekauft zu haben. Ein Wochenendhaus! Das können die sich doch nur leisten, weil Carrie regelmäßig umsonst deren Kinder gehütet hat.

Carrie ist aufbrausend, missgünstig und versucht ständig, dem Ideal der perfekten amerikanischen Durchschnittsfamilie nahe zukommen. Kinder sind aber nur sporadisch ein Thema. Auch die Hausarbeit erledigt sie eher widerwillig. Zudem ist sie mit einem Ehemann konfrontiert, der schon bei der Aussicht auf eine Beförderung Schweißausbrüche bekommt, weil er dann vielleicht mehr arbeiten müsste.

Doug braucht nicht mehr als seine Kumpels, die bis auf Deacon und den in den ersten 32 Folgen auftretenden Richie ebenfalls übergewichtig und herrlich verzweifelte Loser sind, ein paar Chips und ein Football-Spiel im Fernsehen. Ständig belügen sich Carrie und Doug, wahlweise um dem anderen eins auszuwischen oder Ärger zu entgehen. Sie keifen sich an wie die Kesselflicker und werden nur dann zum Team, wenn es darum geht, andere schlecht aussehen zu lassen. Urlaub für die Seele Trotzdem sind die Charaktere grundsympathisch, weil sie so angenehm frei sind von der scheinheiligen Perfektheit vieler Fernsehfiguren, besonders im US-Fernsehen.

Sie sind Leute wie du und ich, mit Schwächen, miesen Eigenschaften und Versagensängsten. Im Grunde wollen sie nur, was alle wollen, glücklich sein, doch stehen sie sich dabei ständig selbst im Weg. Mit einer erstaunlichen Leichtigkeit behandelt die Serie schwere Themen und vermittelt so dem Zuschauer, dass das Leben zwar schrecklich, aber nicht hoffnungslos ist. Dougs und Carries Bekannte Holly (Nicole Sullivan), die Arthur zum Spazieren ausführt, ist eine vereinsamte Alkoholikerin, Dougs Kumpel Spence (Patton Oswalt) und sein Cousin Danny (Gary Valentine) sind pummelige Versager, die ums Verrecken keine Frau abbekommen und schließlich in einem eheähnlichen Verhältnis in einer WG leben. Carries Vater Arthur taumelt von einer Katastrophe in die nächste und hat keinen Job in seinem Leben länger als ein paar Tage behalten. Als diese Unzulänglichkeiten werden in Gags umgemünzt. Eine Folge "King of Queens" ist wie Urlaub für die Seele.

RTL Nitro zeigt die Sitcom ab 1. Januar montags bis freitags um 19.25 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort