Düsseldorf Rot-Grün in NRW droht neue Verfassungs-Niederlage

Düsseldorf · Der Streit um die Herausgabe von Geheimdokumenten zur Kölner Silvesternacht könnte die Landtagswahl entscheiden.

Wegen ihrer Finanzpolitik und ihrer Sparpläne bei der Beamtenbesoldung hat die rot-grüne Landesregierung schon mehrfach Niederlagen vor dem Landesverfassungsgericht in Münster einstecken müssen. Abgesehen vom Image-Schaden ohne größere Folgen für das Kabinett. Das könnte diesmal ganz anders ausgehen: Im vertraulichen Teil einer Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Kölner Silvesternacht kündigten die vier Abgeordneten von CDU und FDP gestern eine weitere Klage gegen die Landesregierung vor dem Landesverfassungsgericht an.

Sie wollen die Herausgabe geheimer Dokumente und Telefonverbindungsdaten erzwingen, um die Regierung einer möglichen Lüge zu überführen: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihr Innenminister Ralf Jäger (beide SPD) hatten stets behauptet, von dem Kölner Debakel erst am 4. Januar erfahren zu haben. Die Daten sollen nun das Gegenteil beweisen.

Was diese Verfassungsklage für Rot-Grün gefährlicher macht als die vorausgegangenen Streitereien, ist zum einen das Timing: Weil der Parlamentarische Untersuchungsausschuss noch vor der Wahl seinen Abschlussbericht vorlegen muss, könnte das Gericht eine besondere Eilbedürftigkeit sehen. Dann würde das Urteil mitten in den Landtagswahlkampf platzen. Zum zweiten der Gegenstand: Bei den Verfahren um den Landeshaushalt und die Beamtenbesoldung stand nur das Regierungshandwerk von Rot-Grün auf dem Spiel, aber nicht die persönliche Integrität von Ministern.

Sollten die jetzt eingeforderten Dokumente und Telefonverbindungen tatsächlich belegen, dass Kraft und Jäger früher als behauptet von der Silvesternacht erfahren haben, könnte dieser Nachweis wahlentscheidend sein. Denn viele Menschen in NRW sehen in der Kölner Silvesternacht längst das zentrale Symbol für ein strukturelles Regierungsversagen. Weil es überhaupt so weit kommen konnte und weil die Landesregierung fast vier Tage für eine Reaktion auf die Ausschreitungen brauchte. Letzteres erklärte sie stets mit unzureichenden Informationen. Sollte sich nun auch noch herausstellen, dass sie in Wahrheit aus Kalkül so spät reagiert hat, wären Kraft und Jäger wohl irreparabel beschädigt.

SPD und Grüne schließen sich der Klage nicht an. Laut SPD dient sie nicht der Aufklärung, sondern nur der Skandalisierung rot-grüner Politik. Die Grünen argumentieren, sie lenke von der Aufgabe ab, für mehr Sicherheit im Land zu sorgen. Für die Klage reichen die Stimmen der vier Oppositionpolitiker.

(tor)
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