Vater und Sohn im Duell zweier Giganten

Michael Fassbender und Brendan Gleeson erleben in "Das Gesetz der Familie" eine Zeitenwende.

Edel-Schauspieler Michael Fassbender landet diesmal im wenig respektablen Milieu - und auch das steht ihm vortrefflich. Zusammen mit dem anderen Schauspiel-Giganten Brendan Gleeson verkörpert er Patriarchen des modern reisenden und raubenden Cutler-Clans in England. Sie leben in einer Wohnwagensiedlung - unangemeldet selbstverständlich. Denn die tief religiöse Bande gesetzloser Außenseiter und Diebe, die vor allem wegen ihrer Nähe zum Fahrenden Volk als asozial betrachtet wird, lebt nicht nur von ihren Raubzügen bei den Reichen der Gegend. Sie halten auch gerne die Polizei zum Narren, am liebsten in Verfolgungsjagden mit geklauten Autos.

Fassbender spielt Chad Cutler, gleichzeitig sorgender Vater und kleiner Junge, der immer wieder Streiche ausheckt. Auch wenn er zu jedem Blödsinn bereit ist und liebend gern die Polizei provoziert, will er wegen seiner Kinder ein anderes Leben. Er kann selber nicht lesen, schickt sie aber trotz vieler Widerstände in der Familie und von den Behörden zur Schule. Vor allem sein Vater und Clan-Chef Colby Cutler (Brendan Gleeson), der seine Autorität mit großer Ruhe und Selbstverständlichkeit auslebt, erachtet modernen Kram wie Schule als Blödsinn. Als die Polizei Chad bei einem nächtlichen Raubzug zu nahe kommt, spitzt sich der Konflikt zu.

Chads Flucht nach dem Einbruch ist eine grandios intensive Action-Szene. Neben Action-Film und Gangster-Drama ist "Das Gesetz der Familie" aber vor allem auch Milieu-Studie. Mit Melancholie wird Abschied genommen von der Freiheit eines Kinderlebens mit Klettern auf Bäumen, mit den eigenen Hunden über Felder jagen und unangeschnallt Auto fahren. Genau: Kinder, die fahren, nicht mitfahren.

Tatsächlich hegt man Sympathien für diesen ungebändigten Chad Cutler. Zumal die Polizei in ihrer Gesetz- und Maßlosigkeit nie positiv rüberkommt. Sie entführt sogar die Kinder von der Schule, um die Eltern unter Druck zu setzen. Bis Chad seine Frustration im Camp an dem geistesgestörten, dauer-aggressiven Gordon auslässt. Danach merkt auch der immer etwas besser - das heißt: nicht im Trainingsanzug - gekleidete Kerl, dass sich etwas ändern muss.

Michael Fassbender und Brendan Gleeson im Vater-Sohn-Konflikt, der gleichzeitig auch Zeitenwende bedeutet: Das ergibt enorme, gebündelte Leinwand-Power dieser beiden Giganten im komplexen Gegeneinander. So bekommt der Zusammenstoß zweier Welten genügend Substanz. Auch der kleine Georgie Smith, der Chads Sohn Tyson spielt, macht Eindruck. Die Film-Musik stammt von The Chemical Brothers, für die Regisseur Adam Smith bereits Musikvideos drehte. Bis zum großartigen Schlussbild zum Abgesang der Freiheit ist das ein sehr gelungener Debütfilm.

(RP)
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