Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag Ex-Minister Linssen hatte BLB satt

Düsseldorf · Ex-Finanzminister Helmut Linssen (72/CDU) hat am skandalgeplagten landeseigenen Baubetrieb BLB kein gutes Haar gelassen. Er habe den BLB in einem "ziemlich schwierigen Zustand" vorgefunden, sagte Linssen am Dienstag als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Landtags zu korruptionsverdächtigen Immobiliengeschäften des BLB. Linssen war von 2005 bis 2010 verantwortlicher Minister für den BLB.

Die BLB-Bilanzen seien bei seinem Amtsantritt tiefrot gewesen und der Immobilienbesitz des Landes sei nicht einmal vernünftig inventarisiert gewesen, sagte Linssen. So tauchten große Liegenschaften doppelt auf. Nach mehreren hundert Millionen Euro Verlust in der Bilanz des Jahres 2004 hätten die "Alarmglocken geschellt".

Staatssekretäre forderten Sonderwünsche ein

"Die jeweiligen Staatssekretäre wollten immer Sonderwünsche in ihre Bauvorhaben bekommen, natürlich ohne Preisaufschlag. Die erste Kalkulation stimmte meistens nicht beim BLB", sagte Linssen. "Mir gingen diese Nachträge auf den Geist."

Bei den ersten Baukostensteigerungen beim NRW-Landesarchiv habe er sich dann quergestellt, sagte Linssen. "Im Frühjahr 2009 eskalierte das. Da ist es ziemlich zur Sache gegangen." Er habe auch zunehmend Zweifel an BLB-Chef Ferdinand Tiggemann gehegt. Dem habe es an Risiko- und Kostenbewusstsein gefehlt, dafür aber habe er eine ausgeprägte "Aufsichtsallergie" an den Tag gelegt.

So habe sich Tiggemann außerstande gesehen, den Preis für das Vodafone-Hochhaus in Düsseldorf trotz fallender Immobilienpreise nachzuverhandeln. Er, Linssen, habe den Kaufpreis schließlich selbst mit dem Vodafone-Deutschland-Chef verhandelt und um neun Millionen Euro drücken können, sagte Linssen.

Er habe der BLB-Führung schließlich offen gedroht: "Ändern sich die Zahlen nicht, ändern sich die Gesichter. Ich hatte es ziemlich satt." Tiggemann sei wegen eines Ermittlungsverfahrens in Sachen Landesbehördenhaus Bonn 2009 sogar beurlaubt worden, habe aber schließlich weiterbeschäftigt werden müssen. Tiggemann gilt als Hauptverdächtiger im Zusammenhang mit korruptionsverdächtigen Geschäften des landeseigenen Baubetriebs.

Der Untersuchungsausschuss beschäftigt sich derzeit mit der Kostenexplosion beim Neubau des Landesarchivs in Duisburg. Mit seinem Parteifreund, dem damaligen Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), habe er über das NRW-Landesarchiv nie gesprochen, beteuerte Linssen. Ihm sei bis heute rätselhaft, wieso die Stadt ihr Vorkaufsrecht für die Grundstücke nicht ausgeübt hat.

(lnw)
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