ProSieben-Show "Mein bester Feind" Kandidatin lässt sich für Freundin "Tim Wiesel"-Tattoo stechen

Düsseldorf · Tattoo gegen Oldtimer: "Mein bester Feind" mit Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf strapaziert Freundschaften mit bizzaren Aktionen. Die Sendung ist sehenswert, weil sie nicht auf Fremdscham und Schadenfreude setzt, sondern auf Sympathie mit den Kandidaten.

 Helena (rechts im weißen Pullover) gewann für ihre Freundin einen Oldtimer.

Helena (rechts im weißen Pullover) gewann für ihre Freundin einen Oldtimer.

Foto: ProSieben

"Wer denkt sich so ‘ne Scheiße aus?", fragt Kandidatin Helena kurz bevor sie sich von einem Gebirgsvorsprung in den französischen Alpen 170 Meter in die Tiefe stürzt, um für ihre Freundin Johanna einen Fernseher und ein Raumspray der Duftnote Hühnersuppe zu erspielen. Als Kenner des deutschen Unterhaltungsfernsehens kann man sich die Antwort denken: Das waren vermutlich Joko und Klaas.

In der sechsten Ausgabe der ProSieben-Show "Mein bester Feind" durften sich am Samstagabend wieder fünf Kandidaten im Namen der Freundschaft zum Affen machen. An "Bad Ass"-Helena aus Würzburg kam dabei aber niemand vorbei — sie konnte ihren Vorsprung bis zum Ende halten und den Hauptpreis, einen Mercedes-Oldtimer, für ihre Freundin Johanna ergattern.

Mit dem waghalsigen Klippensprung, für den allein man Helena eigentlich schon fest ins überraschend aufgeregte Zuschauerherz geschlossen hatte, war es aber selbstverständlich noch nicht getan. Etwas mehr Spektakel geht immer — und so wird sie, wie alle Kandidaten, zurück im behüteten Fernsehstudio noch geschwind durch einen ausgefuchsten Parcours mit vielen lustigen Aufgaben gejagt (rückwärts buchstabieren, einen Dönerspieß umklammernd eine Seilbahn entlang fahren, sich hässliche Kritzeleien tätowieren lassen — man kennt das ja).

Sechseinhalb Minuten, ein "Tim Wiesel"-Tattoo und eine ziemlich souveräne Gesamtperformance später sind wir uns dann sicher, dass uns die kommenden Kandidaten nicht halb so sehr überzeugen werden wie die schöne Helena.

Doch da lagen wir falsch. Denn plötzlich kommt der süße Simon, der in seiner persönlichen Mutprobe nach 60 Stunden ohne Schlaf locker-lässig den Vorklatscher bei "The Voice" spielt, während man selbst ohne Mittagsschlaf schon nach 15 Stunden am Limit kratzt.

Und die mutige Miriam, die zwölf Meter unter Wasser ohne Atemgerät den Titanic-Soundtrack geigt, während man selbst schon im Hotelpool auf Malle immer zu viel Wasser in die Nase bekommt und wohl nicht mal mehr Hänschen Klein auf der Blockflöte so richtig hinkriegt.

Und so erwischt man sich dabei, wie man irgendwie jedem den Oldtimer gönnt und sich jedes Mal wieder die Hände vors Gesicht schlägt, wenn jemand beim Buchstabieren versagt. Und zwar nicht aus Fremdscham oder Schadenfreude, den üblicherweise von ProSieben-Primetime-Shows ausgelösten Gefühlen, sondern aus Sympathie und der Frustration, nichts zum Abwenden des Unheils beitragen zu können. Und was fast noch mehr überrascht: Joko und Klaas scheint es da ähnlich zu gehen.

Zugegeben, eine gewisse Schadenfreude schwingt vermutlich schon mit, wenn man jemanden dazu auffordert, sich der eigenen Belustigung zuliebe beim Helikopter-Wakeboarding absichtlich die Kronjuwelen zu prellen. Trotzdem findet das ganze Miteinander von Moderatoren und Kandidaten aber immer noch auf Augenhöhe statt, was man nach Jahren des Raab'schen Patriarchats bei ProSieben schon gar nicht mehr gewohnt ist. Die zahlreichen Lücken, die Stefan Raab nach seinem Renteneintritt im Programmplan hinterlässt, mit Joko und Klaas zu füllen, war also vielleicht doch gar keine so dumme Idee.

Ein Hoch auf die Freundschaft

Denn ja, dreieinhalb Stunden sind schon wirklich lang und ja, nach dem fünften Durchlauf verliert so ein Parcours doch ein wenig an Spannung, aber verglichen mit den endlosen Stunden, die wir schon damit zugebracht haben, einen immer wütender werdenden Raab beim Schmetterlingsfangen zu beobachten, war "Mein bester Feind" doch erfrischend unterhaltsam. Und das ganz ohne den bei anderen Formaten mit Joko und Klaas bisweilen etwas überstrapazierten "Pipikackaficki"-Humor, sondern mit cleveren Aufgaben, sympathischen Kandidaten und gutem Timing.

Das Ganze mag vielleicht nicht die Königsklasse der deutschen Unterhaltung sein, schafft es aber, Eltern, Kinder und verzweifelte Netflixer mit WLAN-Problemen gleichermaßen vor den Fernseher zu locken. Und das ist schon mehr, als andere von sich behaupten können.

Also: Ein Hoch auf die Freundschaft! Und auf geschmacklose Zwangstattoos.

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