"Serial" Dieser Podcast ist besser als jeder Tatort

Düsseldorf · Haben Sie schon einmal die Stimme eines verurteilten Mörders gehört? Von einem, der die Tat vielleicht gar nicht begangen hat? Die Reporterin Sarah Koenig will im Podcast " Serial" die Ungereimtheiten eines echten Mordfalls aufklären. Mit mehreren Millionen Hörern sprengt diese Audio-Serie jeden Rekord. Einem der Protagonisten wurde das Echo anscheinend zuviel, und er erhob über Weihnachten Vorwürfe gegen die Macher von "Serial".

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"Serial" - Wer ist der wahre Mörder von Hae Min Lee?

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Foto: Screenshot soundcloud.com / Serial

Haben Sie schon einmal die Stimme eines verurteilten Mörders gehört? Von einem, der die Tat vielleicht gar nicht begangen hat? Die Reporterin Sarah Koenig will im Podcast "Serial" die Ungereimtheiten eines echten Mordfalls aufklären. Mit mehreren Millionen Hörern sprengt diese Audio-Serie jeden Rekord. Einem der Protagonisten wurde das Echo anscheinend zuviel, und er erhob über Weihnachten Vorwürfe gegen die Macher von "Serial".

Was passierte wirklich am 13. Januar 1999? Alleine 39 Millionen Amerikaner haben in den vergangenen Wochen in den Podcast "Serial" reingehört, um die Suche der US-Journalistin Sarah Koenig nach einer Antwort auf diese Frage zu begleiten. Es geht um den Mord an die Highschool-Schülerin Hae Min Lee. Ihr Ex-Freund Adnan Syed sitzt seitdem in Haft, hat die Tat aber immer abgestritten. Sein Schulfreund Jay hat ihn jedoch schwer belastet. Eine Jury verurteilte Adnan zu einer lebenslangen Haft. Doch der Fall lässt viele Fragen offen. Nicht nur muss einer der Protagonisten lügen, auch die Arbeiten der Ermittlungsbehörden waren fehlerhaft. Es steht die Frage im Raum: Sitzt der damals 17-Jährige Adnan Sayed am Ende vielleicht seit 15 Jahren unschuldig im Gefängnis?

Seitdem die Journalistin Sarah Koenig von diesem Fall erfahren hat, lässt er ihr keine Ruhe. Seit 2004 arbeitet Koenig für die mit vielen Preisen ausgezeichnete Radiosendung "This American Life", die seit 20 Jahren mit hochwertigen Radio-Dokumentationen von sich Reden macht. Doch der Mord an Hae Min Lee erschien der Journalistin zu komplex, als dass sie alle Facetten in einer einzelnen Radio-Sendung nacherzählen könnte. Die Idee zu "Serial" war geboren. In zwölf Episoden erzählte Koenig Woche für Woche ihre aktuellen Recherche-Ergebnisse, ergänzt um ihre Interviews mit den Protagonisten, Zeugen, Wegbegleitern und Experten. Dazu wurden Originalmitschnitte aus der Gerichtsverhandlungen und den Verhören der Polizei eingebaut.

Erzählform fasziniert Millionen Hörer

Das Stichwort ist "erzählen". "Serial" klingt nicht wie ein klassischer Radiobericht, sondern wie ein Hörspiel. Die Erzählform fasziniert die Zuhörer. Doch der feine Unterschied ist: Die Geschichte ist echt. Die Hörer sind hautnah dabei, wenn die Macher mit ihren investigativen Methoden versuchen, den Mordfall zu lösen, wenn Sarah Koenig am Charme von Adnan Syed während ihrer stundenlangen Telefonate mit dem Häftling verzweifelt oder wenn knallharte neue Fakten auftauschen, die für oder gegen das gesprochene Urteil sprechen. 15 Monate haben die Macher von "Serial" den Tod von Hae Min Lee recherchiert.

 Sarah Koenig - die Erfinderin von "Serial".

Sarah Koenig - die Erfinderin von "Serial".

Foto: Screenshot serialpodcast.org / Meredith Heuer

"Serial" hat seit dem Start am 03. Oktober 2014 gleich mehrere Rekorde eingestellt: Im November hat laut Apple "Serial" als erster Podcast fünf Millionen Abrufe einer neuen Folge innerhalb kürzester Zeit geschafft. Im Schnitt ist eine Episode bisher 3,4 Millionen Mal abgerufen worden.

Innerhalb von einer Woche haben die Macher von "Serial" genügend Spenden für eine zweite Staffel eingesammelt. Koenig und Kollegen wollen sich dann um einen neuen Fall kümmern. Welcher Fall das ist und wann die neuen Folgen veröffentlicht werden, verraten die Produzenten noch nicht.

Auch das Feuilleton hat "Serial" für sich entdeckt und feiert den Podcast als eine neue Qualität des Journalismus. Medienkritiker sind von der ausgewogenen Arbeit der Macher begeistert.

Ärger über die Weihnachtsfeiertage

Mit dem Erfolg kam aber auch die Kritik. Koenig und ihre Kollegen sehen sich Vorwürfen ausgesetzt, sie würden auf Kosten der Familien von Hae Min Lee und Adnan Sayed Unterhaltung betreiben. Mehr als 35.000 Hörer sind Mitglieder eines Forums auf der Webseite Reddit, auf der sie alle Details akkribisch ausdiskutieren.

Mit dabei: Adnans Schulfreund Jay. Unter einem Pseudonym soll er eifrig mitschreiben. Das bestätigte Adnans Familie in einem Interview mit dem Guardian. Jay nimmt in dem Kriminalfall eine zentrale Rolle ein. Er ist nicht unumstritten. Nutzt er das Netz, um die Deutung über seine Person zu seinen Gunsten zu lenken? Ein Interview mit Sarah Koenig lehnte er ab. Zwar sprach er mit ihr, als sie mit einer Kollegin bei ihm unangemeldete zu Hause vorbei schaute, ließ sich aber nicht darauf ein, ein gemeinsames Gespräch aufzuzeichnen und die Fragen der Reporterin zu beantworten.

Über Weihnachten meldeten verschiedene US-Nachrichtenseiten, dass Jay jetzt bereit sei, zu reden. Auf seiner Facebook-Seite soll er geschrieben haben: "Für die Hörer des Serial-Podcasts von Sarah Koenig: Ich werde mich für ein Interview zur Verfügung stellen: Erstens, um die Frage für die Menschen zu beantworten, die sich, wie ich hoffe, Sorgen um den Tod von Hae Min Lee machen (die Person, die den ultimativen Preis für diese Unterhaltung bezahlt hat). Zweitens, um diese sogenannte Reporterin als das zu outen, was sie wirklich ist." Mittlerweile ist dieses Facebook-Posting gelöscht. Wir verlinken nicht auf das Profil, da sich die Echtheit derzeit nicht überprüfen lässt. Verschiedene Medien stufen die Mitteilung jedoch als authentisch ein.

Auch wenn die finale Episode von Serial seit dem 18. Dezember 2014 bereits im Netz steht, ist das letzte Kapitel in diesem Kriminalfall noch lange nicht geschrieben.

So können Sie "Serial" hören

Zwar ist dieser Podcast auf englisch, aber dennoch zu empfehlen. Beginnen Sie mit der Folge 1 und hören Sie anschließend die Folge 2, und nicht wie sonst üblich die neuste Episode zu erst. Sie können den Podcast über diesen Link direkt in ihrem Podcast-Programm abrufen. Weitere Möglichkeiten werden auf der offiziellen "Serial"-Homepage erklärt. Noch einfach ist es, wenn Sie die Episoden direkt hier auf der Webseite hören - hören Sie hier Episode 1:

(dafi)
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