Neues Modell im Alltagstest Huawei P9 - Top-Smartphone mit Schwächen

Düsseldorf · Huawei hat mit dem P9 sein neues Smartphone-Flaggschiff auf den Markt gebracht. Das Besondere an dem Gerät ist die von Leica zertifizierte Dual-Kamera. Wir haben getestet, wie sich das Huawei P9 im Alltag schlägt. Dabei zeigten sich ein paar Schwächen.

Huawei P9 im Test - gutes Gerät mit ein paar Schwächen
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Huawei P9 im Test - gutes Gerät mit ein paar Schwächen

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Foto: Christoph Schroeter

Es sieht schick aus, das Huawei P9, das muss man dem Gerät lassen. Vorne das große, 5,2 Zoll messende Display, das an den Rändern leicht umfließt. Der Rest des Gerätes ist Metall, ein edel wirkender Aluminium-Body. Lediglich die Kameraeinheit auf der Rückseite sitzt hinter einer über die gesamte Breite laufenden Glasfront.

Die einzigen beweglichen Teile sitzen an der rechten Seite: Die Lautstärkewippe und der Power-Knopf. Beide sind ebenfalls aus Metall und sitzen sehr fest im Gehäuse, kein Wackeln, kein Klappern. Für die bessere Unterscheidung hat der Power-Knopf eine leicht gerillte Oberfläche spendiert bekommen. Eine Kleinigkeit, aber eine hilfreiche.

An der linken Seite sitzt der Sim-Speicherkarten-Einschub, an der Unterseite der Kopfhörer-Anschluss, die USB-C-Buchse und der Mono-Lautsprecher. Auf der flachen Rückseite findet sich in einer Vertiefung der Fingerabdrucksensor.

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Foto: dpa-tmn/Garmin

Dass die Rückseite ganz flach gestaltet ist, sieht zwar schick aus, mach das Gerät aber auch weniger griffig. In Kombination mit dem sehr glatten Metall droht das Smartphone im Gebrauch schnell wegzurutschen.

Soweit zum Optischen des Huawei P9. Apropos Optik, das eigentlich Spektakuläre am neuen Smartphone der Chinesen soll die Kamera sein. Die ist nämlich irgendwie vom deutschen Kameraspezialisten Leica.

Was genau Leica allerdings mit der Kamera zu tun hat, ist unklar. Erst wurde der Anschein erweckt, die Knipse sei in Kooperation der beiden Unternehmen entstanden. Dann kam heraus, es sitzt ein normaler Sony-Sensor im P9 neben Linsen aus China und es hieß, Leica habe die Kamera aber zertifiziert. Was immer das auch bedeutet.

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Entscheidend ist natürlich, was die Kamera leistet. Anders als etwa im LG G5, in dem zwei vollwertige Kameras mit unterschiedlicher Brennweite verbaut sind, sitzen im Huawei P9 eine Farb- und eine Schwarz-Weiß-Kamera. Die beiden Linsen lösen mit 12 Megapixel auf, der RGB-Sensor ist für die Farbinformationen, der monochrome Sensor für den Schwarz-Weiß-Anteil sowie zusätzliche Lichtinformationen zuständig.

Neben der höheren Lichtausbeute (laut Huawei bis zu 300 Prozent mehr als beim iPhone 6S) liefert das auch zusätzliche Tiefeninformationen. Dadurch lässt sich beispielsweise der Bokeh-Effekt einsetzen: Nachträglich kann ein Objekt im Bild fokussiert werden, der Rest verwischt in einstellbarer Unschärfe.

Die Revolution in der Smartphone-Fotografie wurde uns schon häufig versprochen. Definitiv sind die verbauten Kameras immer besser geworden und machen inzwischen gute Fotos. Aber auch das Huawei P9 kann sich mit seiner Leica-Kamera nicht von der aktuellen Konkurrenz absetzen. Die Ergebnisse sind teilweise anders, aber nicht besser und auch nicht schlechter als beim Samsung Galaxy S7 (Edge) (hier unser Test) oder beim iPhone 6S. Tests von Kollegen zeigen, dass auch zum LG G5 und HTC 10 kein großer Unterschied besteht.

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Foto: Christoph Schroeter

Was an der Kamera des Huawei P9 sogar der neunjährigen Tochter des Testers aufgefallen ist: "Die braucht aber lange bis sie das Foto macht." Stimmt. Je nach Aufnahmesituation benötigt der Autofokus seine Zeit, bis er das Objekt scharf gestellt hat. Und auch eine deutliche Aufnahmeverzögerung ist manchmal festzustellen. Das sollte jedoch über ein Software-Update zu fixen sein.

Als Betriebssystem ist Android 6.0 an Bord. Huawei-typisch gibt es keinen App-Drawer, die Apps liegen wie beim iPhone alle über die einzelnen Bildschirme verteilt. Wer diese Eigenart der Huawei-Oberfläche EMUI nicht mag, kann wie der Tester zum Beispiel den Google Now Launcher installieren.

Leider hat Huawei beim P9 ein paar sehr nützliche Android-6-Neuerungen weggelassen. Allen voran die Möglichkeit, eine SD-Karte so einzurichten, dass sie vollwertig zum internen Speicher hinzugerechnet wird (Adoptable Storage). Auch Samsung und LG gehen diesen Weg. HTC ermöglicht beim neuen HTC 10 die Verschmelzung der beiden Speicher.

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Foto: dpa, tsn sir

Ein unverständlicher Schritt von Huawei. Von den 32 GB internem Speicher stehen dem Nutzer 25 GB zur Verfügung. Das hört sich zunächst viel an, kann aber in Zeiten immer größer werdender Apps schnell knapp werden.

Auch die Funktion Direct Share sucht man (fast) vergebens. Diese bietet im Teilen-Fenster die häufigsten Kontakte direkt an, das erspart Klicks. Auf dem Huawei P9 findet man sie nur in der Teilen-Funktion von Google Now on Tap.

Wirklich störend - und da muss Huawei dringend nacharbeiten - ist der Energiespardienst des P9. Der macht zwar eine ordentliche Arbeit, der Akku hält wirklich lange durch, doch meint er es oft zu gut. Ist das Display aus, würgt er viele Apps ab, Benachrichtigungen etwa von WhatsApp kommen häufig nicht durch. Folge: Man liest viele Nachrichten erst mit deutlicher Verspätung. Das geht gar nicht. Im Test haben wir keine Möglichkeit gefunden, den Dienst zu deaktivieren oder zumindest einzuschränken.

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Foto: dpa

Fazit: Trotz der genannten Kritikpunkte kann das neue Huawei P9 ziemlich weit oben in der Smartphone-Liga mitspielen. Interessant ist es besonders wegen seines verhältnismäßig geringen Preises. Rund 550 Euro sind kein Pappenstiel, liegen aber doch deutlich unter den Preisen, die für ein Samsung Galaxy S7, ein LG G5 oder das HTC 10 hingeblättert werden müssen.

Dafür bekommt man zwar "nur" ein Display mit FullHD-Auflösung und in Benchmark-Tests liegt der hauseigene HiSilicon Kirin-955-Prozessor meist hinter dem Snapdragon 820 und Samsungs Exynos 8890. Doch das wird einem normalen User im Alltag wohl nur selten auffallen.

(csr)
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