Porträt Das ist Olaf Scholz
Der SPD-Politiker Olaf Scholz gilt seit Jahren als einer der klügsten Polit-Köpfe des Landes. Der langjährige Erste Bürgermeister Hamburgs war in der großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel Finanzminister und Vizekanzler. Bei der Bundestagswahl 2021 war er der SPD-Kanzlerkandidat und wurde schließlich in einer Koalition mit den Grünen und der FDP zum Kanzler gewählt. Ein Porträt.
Am 14. März 2018 erhält Scholz von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Ernennungsurkunde zum Bundesminister. Daneben: Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Geboren wurde Scholz 1958 in Osnabrück, wuchs aber in Hamburg auf. Seine Großeltern waren Eisenbahnbeamte, seine Eltern Kaufleute im Textilgewerbe. Er ist mit der brandenburgischen Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) verheiratet. Olaf Scholz studierte Rechtswissenschaften in Hamburg und ist seit 1985 Rechtsanwalt. Scholz ist evangelisch getauft, aber aus der Kirche ausgetreten.
In die SPD trat Scholz 1975 ein. Immer wieder wurde ihm Überheblichkeit vorgeworfen, seiner Karriere aber tat dies keinen Abbruch. Nach seiner Zeit als Juso-Vize (1982-1988) stieg er 1994 in den Parteivorstand der Hansestadt auf. 1998 wurde Scholz in den Bundestag gewählt, zwei Jahre später wurde er erstmals SPD-Landeschef in Hamburg (bis 2004).
Als Generalsekretär (2002-2004) unter Kanzler Gerhard Schröder fing sich Scholz den Spitznamen "Scholzomat" ein, weil er sich öffentlich zwar geschliffen, aber oft wenig inhaltsreich äußerte. 2007 wurde Scholz Arbeitsminister in der großen Koalition, vier Jahre später dann Hamburger Bürgermeister.
Seine Bilanz in Hamburg kann sich sehen lassen. Nebenbei wurde das von CDU-Vorgänger Ole von Beust geerbte Problem der Elbphilharmonie gelöst, zuletzt konnte er noch das Milliardengrab HSH Nordbank abwickeln. Aber ein großer Schatten bleibt, der in Gewalt versunkene G20-Gipfel in Hamburg mit einer fatalen Fehleinschätzung, dass man die Sicherheit garantieren könne.
Dennoch: Bei den Krawallen rund um G20 haben Angela Merkel und Scholz ihre Zusammenarbeit unter Beweis gestellt. Die Kanzlerin schätzt den nüchternen Hanseaten; auch mit Horst Seehofer (CSU) hat Scholz im Bundesrat schon an einem Strang gezogen.
Bis zu seiner Ernennung als Arbeitsminister 2007 war er zwei Jahre Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Von Oktober 2009 bis März 2011 hatte er zudem das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion inne.
Ab November 2009 war er nicht nur Landesvorsitzender der SPD Hamburg, sondern auch stellvertretender Parteivorsitzender der SPD. Geliebt wurde der hanseatisch-kühle Analyst und Pragmatiker damals nicht von der Parteibasis. Nur 59,2 Prozent Zustimmung bekam er im Dezember 2017 bei seiner Wiederwahl als Parteivize – der schlechteste Wert aller Stellvertreter.
Scholz verrichtet sachlich, unaufgeregt und verlässlich seinen Dienst - das kam an in der Hansestadt. So sehr, dass er 2015 mit einem guten Ergebnis wiedergewählt wurde, seitdem aber die Grünen als Koalitionspartner brauchte.
Scholz hat sich einen Namen als Architekt der im Sommer 2017 beschlossenen Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen gemacht. Und als federführender SPD-Verantwortlicher beim Koalitionsringen um die Themen Steuern und Finanzen erwies er sich wieder einmal als versierter Verhandler.
Im Jahr 2017 veröffentlichte Scholz sein erstes Buch "Hoffnungsland - eine neue deutsche Wirklichkeit". Darin geht es um Migration, Europa und die Zukunft einer offenen Gesellschaft.
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Im August 2019 kandidierte er im Duo mit Klara Geywitz (r.) für den Parteivorsitz der SPD. In einer Stichwahl im November 2019 unterlagen die beiden jedoch dem Duo Norbert Walter-Borjans (l.) und Saskia Esken (2.v.l.).
Am 10. August 2020 sind es die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Nobert Walter-Borjans, die Scholz als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl im September 2021 vorschlagen. In der Corona-Krise wurde Olaf Scholz – trotz der vorangegangenen Skandale um Wirecard und Cum-Ex – der drittbeliebteste Politiker hinter Angela Merkel und Markus Söder.
Bei der Bund-Länder-Konferenz am 3. März geriet Scholz mit Bayerns Ministerpräsident Söder aneinander. Bei einer Diskussion über die Finanzierung eines Härtefallfonds für Firmen soll Söder laut der Schilderung mehrerer Teilnehmer zu Scholz gesagt haben: „Sie sind nicht der König von Deutschland oder Weltenherrscher.“ Und: Scholz müsse jetzt „gar nicht so schlumpfig herumgrinsen“. Scholz reagierte – jedenfalls einen Tag später – mit Humor: In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ am 4. März sagte der SPD-Kanzlerkandidat: „Das mit den Schlümpfen gefällt mir super. Die sind klein, listig und gewinnen immer.“
Am 9. Mai 2021 wurde Olaf Scholz beim digitalen Parteitag der SPD mit 96 Prozent zum Kanzlerkandidaten gewählt. Er hatte zuvor im Rennen um das Kanzleramt mit seiner Erfahrung geworben. „Ich kann meine Erfahrung, meine Kraft und meine Ideen einbringen“, sagte Scholz. Er versprach, in seinem „ersten Jahr als Bundeskanzler“ zwölf Euro Mindestlohn durchsetzen. Für „eine Gesellschaft des Respekts“ seien zudem gleicher Lohn für gleiche Arbeit und durchgängig Tariflohn in der Pflege nötig.
Nach der verheerenden Hochwasser-Katastrophe am 14. Juli, bei der große Teile in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz überflutet und zerstört worden sind, besucht Kanzlerkandidat Olaf Scholz die Kupferstadt Stolberg bei Aachen und anschließend Schleiden in der Eifel. Dort möchte er sich selbst ein Bild von der Lage machen und auch mit Unternehmen über einen höheren Hilfefonds sprechen. Zuvor hat er bereits das stark betroffene Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz besucht. Wenige Tage später reiste er ins bayerische Hochwassergebiet und fuhr nach Schönau am Königssee (Bild).
Anfang September machte Scholz mit einem Ausdruck über die Corona-Impfung Schlagzeilen. Er hat auf Wahlkampfveranstaltungen beim Werben für das Impfen davon gesprochen, dass die mehr als 50 Millionen Geimpften in Deutschland „Versuchskaninchen“ für die noch nicht geimpfte Bevölkerung seien. Auch in einem Interview mit NRW-Lokalradios nutzt er nach Angaben des Radios NRW den Ausdruck: „50 Millionen sind jetzt zweimal geimpft. Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben. Deshalb sage ich als einer dieser 50 Millionen – es ist gut gegangen! Bitte macht mit!“, so der SPD-Kanzlerkandidat laut Mitteilung der Redaktion.
Dies verursachte eine Welle an Kritik. „So eine Wortwahl ist eine Steilvorlage für die, die mit Halb- und Unwahrheiten Vertrauen untergraben wollen“, twitterte zum Beispiel Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
In den TV-Triellen kurz vor der Bundestagswahl am 26. September zeigte sich Olaf Scholz meist souverän, ruhig, kompetent und sympathisch. Laut einer ZDF-Umfrage hat sich der SPD-Kanzlerkandidat beispielsweise nach dem zweiten Triell vergleichsweise gut geschlagen. Kandidat Olaf Scholz vergleichsweise am besten geschlagen: 32 Prozent der befragten Zuschauer entschieden sich für ihn.
Auch die ARD ließ eine Blitz-Umfrage durchführen, auch dort entschied Scholz demnach die zweite große Fernsehdebatte der Kanzlerkandidaten für sich. In einer Forsa-Umfrage nach der ersten TV-Debatte der Drei zwei Wochen zuvor bei RTL/ntv hatten die Zuschauer ebenfalls Scholz als Sieger gesehen.
Justizskandal bei der SPD?
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück und die Union sahen sich in der so genannten Zollaffäre nach der Durchsuchung im Bundesfinanzministerium von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zunehmender Kritik ausgesetzt. Ermittelt wurde gegen Mitarbeiter der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU, weil sie Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an Ermittler weitergeleitet haben sollen. In diesem Zusammenhang wollte die Staatsanwaltschaft E-Mails zwischen der FIU und dem Finanzministerium einsehen.
Die Durchsuchung im Ministerium hat Fragen aufgeworfe — etwa, weil der Durchsuchungsbeschluss bereits einen Monat alt ist, von der Staatsanwaltschaft aber erst wenige Tage vor der Bundestagswahl umgesetzt wurde. Der zuständige Staatsanwalt ist zudem ehemaliger Chef des CDU-Stadtverbandes Cloppenburg. Die SPD hat der Staatsanwaltschaft Parteilichkeit vorgeworfen, einige Beobachter sprachen gar von einem Justizskandal.
Der Bundesfinanzminister hat sich am 20. September dann doch vor dem Finanzausschuss des Bundestags zu den Ermittlungen gegen die Geldwäsche-Spezialeinheit FIU geäußert.
Am 26. September dann, dem Tag der Bundestagswahl, gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Und die vorläufigen Ergebnisse zeigen: Olaf Scholz gewinnt dieses Rennen und ist Wahlsieger. Ober er aber auch Kanzler wird, steht noch nicht fest. Am Wahlabend steht Scholz dann mit breitem Grinsen neben seiner Frau Britta Ernst auf der Bühne und wird gefeiert. Scholz winkt, bedankt er sich bei den Wählern, die der SPD ein starkes Comeback beschert hätten. Obwohl der endgültige Wahlausgang offen ist, beansprucht Scholz – wie zuvor Laschet – den Auftrag für eine Regierungsbildung für sich. Die Bürger hätten sich für einen Regierungswechsel entschieden – und „dass der nächste Kanzler dieses Landes Olaf Scholz heißt“, so der 63-Jährige.
Nach den Sondierungsgesprächen sind sich die drei Ampel-Parteien am 15. Oktober einig: „Wir sind davon überzeugt, dass wir einen ambitionierten und tragfähigen Koalitionsvertrag schließen können", heißt es in einem gemeinsamen Papier. Robert Habeck, Annalena Baerbock (beide Grüne), Christian Lindner (FDP) und Scholz treten gemeinsam vor die Presse. Scholz betont das sehr gute Ergebnis der Gespräche. „Es wird das größte industrielle Modernisierungsprojekt, das Deutschland wahrscheinlich seit über 100 Jahren gesehen hat“, sagt er bei der Pressekonferenz.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grüne und FDP beginnen am 21. Oktober. Hier spricht Scholz mit dem Bundesvorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, im Tagungsort. Während der Verhandlungen dringt wenig nach außen, um die Ampel-Parteien bleibt es einen Monat lang ziemlich still.
Knapp zwei Monate nach der Bundestagswahl haben SPD, Grüne und FDP ihren Koalitionsvertrag der Öffentlichkeit präsentiert. Neben einer Reihe von Klimaschutzmaßnahmen und der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, wollen die Parteien vor allem Verbraucher in den kommenden Jahren entlasten.
Die 98,8 Prozent der Delegierten stimmen beim SPD-Parteitag am 4. Dezember für den geplanten Koalitionsvertrag mit der FDP und Bündnis90/Die Grünen zur Bildung einer neuen Bundesregierung. Den designierten Bundeskanzler scheint das sichtlich zu freuen.
Die Sozialdemokraten haben sich am längsten Zeit gelassen mit ihrer Personalentscheidung, doch am 6. Dezember ist es dann soweit: Olaf Scholz stellt die SPD-Minister und -Ministerinnen im Willy-Brandt-Haus vor. Darunter sind mit Nancy Faeser als zukünftige Bundesministerin des Innern, Christine Lambrecht als designierte Verteidigungsministerin, Klara Geywitz (Bundesministerin für Bau) und Svenja Schulze, zukünftige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, vier Frauen und bilden somit die Mehrheit. Drei weitere Posten werden von Männern besetzt.
Am 27. Februar 2022 hält Scholz die berühmteste Rede seiner noch jungen Amtszeit: Die „Zeitenwende“-Rede, nachdem drei Tage zuvor Russland die Ukraine überfallen hat und nichts mehr so sein wird wie zuvor. Scholz ist das bewusst. Und so ist es ausgerechnet ein SPD-Kanzler, der die Deutschen in ein neues Zeitalter des Militarismus führt. Die Opposition ist mit im Boot.