Ein Selbstversuch Kommt man mit einem Google Chromebook durch den Alltag?

Düsseldorf · Ein Chromebook? Was mag das sein? Hierzulande eine berechtigte Frage. Die rudimentär ausgestatteten Netbooks von Google fristen bei uns noch ein Nischendasein. In den USA sind sie bereits ein Erfolg. Stellt sich die Frage: Kommt man mit solch einem Rechner mit Mini-Ausstatung durch den Alltag? Ein Selbstversuch.

Das kann ein Chromebook von Google
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Zugegeben: Den Ausschlag für diesen Test gab ein privates Dilemma. Während der ältere Sohn bereits einen eigenen Rechner besitzt, nimmt der jüngere den Laptop der Eltern immer dann in Beschlag, wenn man ihn dringend benötigt.

Also muss Ersatz her. Aber noch eine Laptop kaufen? Womöglich hat Sohnemann Zwo bald genug Geld für einen eigenen PC und dann steht man da mit zwei der tragbaren Rechner. Eine günstige Alternative wäre nicht schlecht. Ein Tablet kommt nicht in Frage, da a) schon vorhanden und b) eine ordentliche Tastatur Pflicht ist.

Da gibt es doch noch diese Chromebooks. Von Google. Allzu viel hört man davon nicht, hierzulande. In den USA sieht das offenbar anders aus. Allein eine Million Exemplare wurden dort im vergangenen Vierteljahr an Schulen verkauft, auch in Firmen kommen die Mini-Rechner immer mehr zum Einsatz. Dann können sie so schlecht ja nicht sein.

Also die Katze im Sack kaufen? Besser mal bei Google anfragen, ob sie dort nicht ein Testgerät auf Lager haben. Haben sie. Und so steht wenige Tage später ein Chromebook 11 von HP auf dem Redaktionsschreibtisch.

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Mit 11,6 Zoll ist der Bildschirm verglichen mit dem heimischen 17-Zoll-Laptop einfach nur klein, bewegt sich etwas oberhalb eine iPads. Doch bei einer Auflösung von 1.366x768 Pixel lässt sich darauf alles gut erkennen und auch kleine Schriftgrößen lesen.

Was ein Chromebook von allen anderen Note- und Netbook unterscheidet, ist sein Betriebssystem. Das nennt sich Chrome OS, basiert auf Linux und stellt Googles Browser Chrome absolut in den Mittelpunkt. Fast alle Anwendungen laufen in eigenen Browser-Tabs.

Als Besitzer eines Chromebook muss man sich von den gewohnten Windows-Programmen verabschieden. Die gibt es schlichtweg nicht. Alle verfügbaren Anwendungen, laut Google hunderttausende, können ausschließlich über den Chrome Web Store geladen werden (der ist übrigens auch ohne Chromebook über den Chrome-Browser zu erreichen). Für hochwertige und meist kostenpflichtige Unternehmensanwendungen gibt es einen eigenen Marketplace.

Ohne Internet-Verbindung läuft bei einem Chromebook nicht viel. Weil fast alles in der Cloud - vorzugsweise der Google-eigenen - gespeichert wird, kommen die meisten Anwendungen in der Offline-Welt nicht zurecht. Das war im Test kein Problem, da der Rechner lediglich in der Redaktion und zu Hause in Betrieb war und da ist die Netzversorgung garantiert.

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Möchte man es sich draußen im Grünen gemütlich machen, muss man sich entweder für ein Gerät mit zusätzlichem UMTS-Modem entscheiden (seht kleine Auswahl) oder den Hotspot am eigenen Smartphone aktivieren.

Das Speichern in der Cloud (Google spendiert 100 GB für zwei Jahre) zieht neben der Online-Pflicht noch etwas anderes nach sich: Chromebooks haben nur einen sehr kleinen Speicher an Bord. Wie überhaupt die ganze technische Ausstattung auf den ersten Blick mager ist: 16 Gigabyte SSD-Festplatte, zwei Gigabyte Hauptspeicher, als Antrieb dient meist ein Intel Celeron Prozessor, Samsung setzt auf hauseigene Exynos-Kerne, die auch in Smartphones stecken. Als Anschlüsse sind in der Regel vorhanden: USB (2.0 und 3.0), HDMI, Kopfhörer-Ausgang und ein Speicherkarten-Leser.

Doch die Ausstattung reicht aus. Selbst bei zehn geöffneten Browser-Tabs geht der Rechner nicht in die Knie, spielt selbst dann HD-Videos noch weitgehend ruckelfrei ab. Bei dieser Rechnerart kommt es nicht so sehr auf die Leistung der Komponenten an, sondern eher darauf, dass diese gut aufeinander abgestimmt sind. Vor einer Kaufentscheidung sollte man also entsprechende Tests lesen.

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Hat man sein Chromebook erst einmal eingerichtet, werden alle Einstellungen, sogar das Hintergrundbild, gespeichert, natürlich in der Cloud. Meldet man sich dann auf einem anderen Chromebook an, sieht sofort alles so aus wie auf dem eigenen Gerät.

Der Chromebook-Selbstversuch ging denkbar schlecht los. Als Kunde bei Watchever und Amazon Prime Instant Video möchte man natürlich auch mal einen Film oder eine Serienfolge auf dem Gerät gucken. Doch: Fehlanzeige. Im wahrsten Sinne des Wortes. Grund: Microsofts Silverlight, ein PlugIn, das zur Widergabe solcher Streams benötigt wird, unterstützt Chrome OS nicht. Puh!

Was das Gerät aber von Anfang an sympathisch macht: Blitzschnell kann man damit loslegen, nicht einmal zehn Sekunden vergehen von "ausgeschaltet" bis "betriebsbereit".

Um richtig mit dem Gerät arbeiten zu können, muss ein Google-Konto vorhanden sein. Wie unter Windows können auf einem Gerät mehrere Nutzer ihre Konten anlegen. Zwar klappt auch die Anmeldung als "Gast", doch damit lassen sich keine neuen Apps installieren, lediglich Surfausflüge im Netz sind möglich.

Mit Google Docs (und den Ablegern Google Tabellen und Google Präsentationen) lassen sich sogar Microsoft-Office-Dateien erstellen. Bearbeiten vorhandener Dateien funktioniert ebenfalls. Diese müssen erst auf Google Drive hochgeladen und in das Google-Format konvertiert, dann bearbeitet und zurück-konvertiert werden. Das klappt fast fehlerfrei, es gehen höchstens ein paar Formatierungen verloren.

Fazit: Nach anderthalb Wochen lässt sich feststellen: Einen Laptop oder PC kann ein Chromebook nicht vollständig ersetzen. Aber wer ohnehin ein Google-Konto hat und sich nicht daran stört, fast permanent online sein zu müssen, der findet in einem der Google-Rechner ein ideales Zweitgerät. Einfach zu verstauen, superschnell eingeschaltet und für mindestens 80 Prozent der normalen Dinge, die man an einem Rechner erledigt, ausreichend. Dazu kommt der schmale Preis, Chromebooks kosten zwischen 200 und 350 Euro.

Auch muss man sich als Nutzer keine Gedanken machen über Updates oder Treiber, alles wird bei Bedarf automatisch installiert.

Eine böse Überraschung erlebt aber, wer etwas ausdrucken möchte. Das klappt nur, wenn der Drucker Google Cloud Print an Bord hat oder an einem Rechner hängt, auf dem Chrome mit Cloud-Print-Erweiterung läuft. Einen direkt angestöpselten Drucker erkennt ein Chromebook nicht. Das sollte Google mit einem künftigen Update ändern.

Den Tester hat das Gesamt-Paket jedenfalls überzeugt. Das HP-Gerät geht zurück an Google, ein eigenes Chromebook (Asus C200MA) ist bestellt, Testbericht folgt.

(csr)
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