Düsseldorf Ministerium warnt vor Beifuß-Ambrosie

Düsseldorf · Ab August blüht die Pflanze wieder. Das aus Nordamerika eingeschleppte Gewächs zählt zu den stärksten Allergie-Auslösern, warnt das Umweltministerium. Pflanzenfunde sollten dringend gemeldet, das Gewächs vernichtet werden.

Mit Mundschutz, Schutzbrille und Handschuhen bekleidet kämpfen sich Philipp Frank und Diplom-Biologe Jörg Liesendahl von der Natur-Schule Grund bei Wuppertal durch das Grün. Vorsichtig ziehen sie an den Pflanzen, darauf bedacht, keine Pollen in Augen, Nase oder Mund zu bekommen. Denn bei der Pflanze handelt es sich um die Beifuß-Ambrosie. Ihre Pollen gelten als starke Allergie-Auslöser und können zu schweren heuschnupfenartigen Symptomen, Hautreaktionen oder sogar zu Asthma führen. Sind es sonst 50 Pollen pro 1000 Liter Luft, die Allergien hervorrufen, so braucht die Beifuß- Ambrosie nur drei Pollen. Zu einer Reaktion kann es auch bei Menschen kommen, die bisher keine allergische Erkrankung hatten.

Das Umweltministerium NRW warnt vor dem Kontakt mit der ab August in Blüte stehenden Pflanze. An der Natur-Schule Grund hat Liesendahl bereits im vergangenen Jahr durch Zufall 30 Pflanzen entdeckt und der Unteren Landschaftsbehörde gemeldet. Doch die konnte nichts machen. Der Mitarbeiter der Behörde ist asthmakrank. Also mussten Liesendahl und Frank selbst ran. In diesem Jahr ist die Pflanze an gleicher Stelle zurück.

Immer wieder werden in NRW einzelne Vorkommen der Beifuß-Ambrosie gemeldet. Besonders häufig wird die Pflanze in Kleingärten, Grünanlagen oder an Straßen entdeckt. "Das ist ein hausgemachtes Problem", erklärt Götz Loos vom Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. "Die Samen der Pflanze sind häufig in verunreinigtem Vogelfutter zu finden. Wer dieses auf Grünflächen ausstreut, bei dem kann es passieren, dass sich die Pflanze ausbreitet." Zwar sind der Handel und die Einfuhr ambrosiahaltiger Futtermittel laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) durch eine EU-Verordnung seit Juni 2011 verboten, doch billiges Vogelfutter aus dem Ausland weise noch immer geringe Mengen von Ambrosiasamen auf. "Daher sollte man nur zertifiziertes Vogelfutter kaufen", rät Götz Loos.

Die Warnungen des Umweltministeriums greifen nach Ansicht von Loos zu kurz. Die Aufforderung, Beifuß-Ambrosia-Vorkommen zu melden und die Pflanze zu entsorgen, ließe einen wichtigen Schritt aus: die Kontrolle der Futtermittel. Der Korschenbroicher Biologe Georg Waldmann bemängelt, dass viele Hobbygärtner nicht wüssten, wie sie die Pflanze von harmlosen Doppelgängern unterscheiden sollen. "Es ist nicht damit getan, Pflanzen zu vernichten, wenn niemand so genau weiß, wie sie aussehen. Das Ministerium gibt jedes Jahr eine Warnung heraus, gute Bilder der Pflanze gibt es aber nicht." Waldmann hat vor einigen Jahren in seinem Garten selbst Beifuß-Ambrosien entdeckt. "Es wäre gut, wenn jeder die Pflanze schon erkennen würde, bevor sie blüht und Probleme auftreten."

Noch hält sich die Verbreitung der gesundheitsgefährdenden Pflanze in NRW in Grenzen, doch sind sich Biologen einig, dass man bei ihrer Bekämpfung präventiv tätig werden muss, damit das so bleibt. Die herausgezogenen Pflanzen sollten nicht in den Kompost geworfen, sondern im Hausmüll in einer geschlossenen Tüte entsorgt werden. "Die Beifuß-Ambrosie entwickelt sehr viele Pollen, die nicht wie bei anderen Pflanzen die Bienen verbreiten, sondern der Wind", sagt Waldmann. Darin liege die Gefahr, denn genau diese Pollen können gefährliche Allergien und Hautreaktionen auslösen. Dadurch unterscheide sich die Pflanze von anderen allergieauslösenden Arten, sagt Bernd Margenburg vom Naturschutzbund. "Niemand würde auf die Idee kommen, Weizen- oder Roggenfelder zu vernichten, nur weil die Getreidesorten Allergien auslösen." Jedoch mache es die Menge, und da die Beifuß-Ambrosie besonders viele Pollen produziert, sei sie eine Gefährdung. Zudem können die Ambrosia-Samen im Boden bis zu 40 Jahre lang keimfähig bleiben. Fundorte sollten in den Folgejahren kontrolliert werden.

Laut Lanuv NRW gibt es landesweit bislang nur 13 größere Vorkommen, die sich über mehrere Jahre halten konnten. "Eine selbstständige Ausbreitung der Art wie in südlichen Bundesländern ist in NRW bisher nicht festzustellen, so dass die Art nach wie vor als nicht etabliert gilt", heißt es. Dennoch geht das Umweltministerium vehement gegen eine mögliche Verbreitung an, bittet, Funde zu melden. "Da spielt ein wirtschaftlicher Faktor mit rein", erklärt Loos. Denn eine Ausbreitung bedeutete volkswirtschaftliche Schäden durch Krankheitskosten und Bekämpfungsmaßnahmen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort