Essen Ursula Gather – die neue Ruhrbaronin

Essen · Die Professorin wurde auch mit Unterstützung der Ministerpräsidentin und der Tochter von Berthold Beitz neue Leiterin der Krupp-Stiftung. Dabei gilt sie als selbstbewusst – und kassierte früher auch einige Kritik.

Die Professorin wurde auch mit Unterstützung der Ministerpräsidentin und der Tochter von Berthold Beitz neue Leiterin der Krupp-Stiftung. Dabei gilt sie als selbstbewusst — und kassierte früher auch einige Kritik.

Aus der Flut der Floskeln, mit der Ursula Gather (60) seit gestern zu ihrem neuen Amt als Chefin der Krupp-Stiftung beglückwünscht wird, sticht ein Wort heraus: "streitbar". Es war ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger, der dieses Wort setzte: "Mit Frau Professor Gather hat das Kuratorium der Stiftung eine kluge, erfahrene und streitbare Wissenschaftlerin und Wissenschaftsmanagerin zur Vorsitzenden gewählt", schrieb Hiesinger zu der Personalie, die er für "eine sehr gute Wahl" hält.

Streitbar. Wer weiß, wie abfällig Hiesinger über die "blinden Loyalitäten" spricht, die früher bei ThyssenKrupp herrschten, weiß auch, dass er das als Kompliment meint. Aber Hiesinger wirft damit auch ein Schlaglicht auf das Wesen der neuen Frau an der Spitze der Krupp-Stiftung, der ein ganz anderer Ruf vorauseilt, als ihn ihr stets diplomatischer Vorgänger Berthold Beitz hatte.

Zumindest einmal in ihrer steilen Karriere als Wissenschaftlerin war die gebürtige Mönchengladbacherin nicht nur "streitbar" sondern "umstritten": Anfang des Jahres, als sie bei einem Beliebtheits-Ranking des Deutschen Hochschulverbands durchfiel. Bei dem dürfen Teile der Professorenschaft einmal im Jahr ihre Hochschulleitungen bewerten — und Gather, sonst in dem Ranking auch schon mal auf den vordersten Plätzen, landete als Chefin der Technischen Universität Dortmund (30 000 Studenten) diesmal im letzten, nach Einzelrängen nicht mehr gewerteten Drittel.

Sie ging gestärkt daraus hervor: Viele Politiker und Kollegen hielten das Ranking für so ungerecht, dass sie öffentlich ihre Solidarität mit Gather bekundeten. Ihr wichtigstes Argument: Von den 300 wahlberechtigten TU-Professoren hatten nur 47 ihre Stimme abgegeben. Da war das Votum, mit dem die Krupp-Stiftung sie zu ihrer Chefin gewählt hat, schon aussagekräftiger: Es fiel einstimmig aus, wie unsere Zeitung aus Stiftungskreisen erfuhr.

Die Mutter von zwei Söhnen, die sich als Mathematikerin auf Statistik spezialisiert hat, leitet die Technische Universität Dortmund seit 2008 und übernahm zwei Jahre später auch den Vorsitz der Landesrektorenkonferenz in NRW. Das heißt: Sie musste sich in den schwierigen Debatten um Studiengebühren, den doppelten Abiturjahrgang und die Spardiktate der Politik behaupten. Das gelang ihr — Beliebtheitsranking hin oder her — ohne ihren Ruf als gute Zuhörerin und pragmatische Entscheiderin einzubüßen.

Mit Diplomatie alleine könnte sie in ihrem neuen Amt ohnehin nicht bestehen. Sie muss die harten Einsparmaßnahmen, mit denen ThyssenKrupp gerade auf die schwerste Krise seiner Unternehmensgeschichte reagiert, mittragen. Das bedeutet: Sie muss analysieren, gewichten, entscheiden. Dass sie das kann, hat sie ohne Zweifel bewiesen.

(RP)
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