Stuttgart Großrazzia bei Schlecker

Stuttgart · In mehreren Bundesländern wurden gestern Geschäftsräume und Wohnungen durchsucht. Es geht um den Verdacht der Untreue, der Insolvenzverschleppung und des Bankrotts bei der insolventen Drogeriemarktkette. Die Gewerkschaft Verdi begrüßt die Untersuchungen.

Die spektakuläre Pleite des Drogeriemarktbetreibers Schlecker wird zum Kriminalfall, und der Hauptverdächtige heißt Anton Schlecker. Seit gestern ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den ehemaligen Firmenpatriarchen und 13 weitere Personen (darunter dem Vernehmen nach Schleckers Frau sowie die beiden Kinder Lars und Meike) wegen des Verdachts auf Untreue, Bankrott und Insolvenzverschleppung. In mehreren Bundesländern hat es Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen gegeben, darunter in Nordrhein-Westfalen. Und auch Schleckers Privatwohnsitz in Ehingen und die dortige Firmenzentrale bekamen Besuch von den Fahndern. Insgesamt seien 160 Ermittler im Einsatz gewesen. Es seien offenbar "sehenden Auges" bei einer bevorstehenden Insolvenz Vermögenswerte beiseitegeschafft worden, heißt es.

Es drohen fünf Jahre Haft

Dieser Vorwurf trifft Anton Schlecker nicht bei der Firma, die er als eingetragener Kaufmann führte – hier haftet er ohnehin auch mit seinem privaten Vermögen. Aber bei den Firmen seiner Kinder, die als GmbH geführt werden, dient nur das Firmenvermögen der Befriedigung von Gläubigeransprüchen. Schlecker selbst drohen bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft.

Die Gewerkschaft Verdi begrüßte gestern die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. "Wir gehen davon aus, dass die Ermittlungen mit der nötigen Konsequenz verfolgt werden. Das ist ein wichtiges Signal gerade auch an die Schlecker-Beschäftigten, die die eigentlichen Leidtragenden der Insolvenz sind", sagte Verdi-Sprecher Christoph Schmitz auf Anfrage. Schlecker hatte im Januar Insolvenz angemeldet. Nach vergeblichen Rettungsversuchen für die Hauptgesellschaft und die Tochter Schlecker XL hatten rund 25 000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren. Und dafür machen nicht wenige von ihnen Anton Schlecker verantwortlich. Er habe es über Jahre versäumt, das Unternehmen zu modernisieren, und stattdessen immer nur auf Größe und Wachstum gesetzt. Am Ende stand die Pleite, nachdem sich die Bundesländer nicht auf Hilfe hatten verständigen können.

Der Verdacht, der Firmengründer und seine Angehörigen hätten sich bereichert, ist nicht neu. Schon vor Wochen hatte es Spekulationen darüber gegeben, dass die Schleckers Vermögen beiseite geschafft hätten. Die Reaktion der Kinder damals: Anton Schlecker werde von ihnen finanziell unterstützt, erklärten Lars und Meike Schlecker im Juni. Er selbst besitze kein Vermögen mehr, vom Sportwagen bis hin zur schönen Uhr seien alle Wertgegenstände in die Insolvenzmasse geflossen, hieß es vor vier Wochen. Wie viel Vermögen die Familie noch besitze, sei Privatsache. Eine Haltung, die viel Zorn heraufbeschworen hat. Dass Anton Schlecker noch kurz vor dem Insolvenzantrag Grundstücke an seine Kinder übertragen haben soll, ist einer der Vorwürfe. Deshalb hat ihm die Gewerkschaft Verdi schon mit einer Klage gedroht, falls sich diese Vermutungen bestätigen würden. Wie lange die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart und die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen dauern könnte, ist noch offen.

(RP)
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