Ein Jahr nach der Flut in Remscheid „Die innere Unruhe bei Regen bleibt“

Remscheid · Die Familie Fink aus dem Morsbachtal wurde am 14. Juli 2021 besonders schwer von der Flutkatastrophe getroffen. Noch sind nicht alle Schäden behoben.

 Der 14. Juli 2021: Das Hochwasser überflutet sowohl das Wohnhaus als auch die Werkstätten der Familie Fink. Später wird sich herausstellen: Der reine Sachschaden beläuft sich auf mehr als eine halbe Million Euro.

Der 14. Juli 2021: Das Hochwasser überflutet sowohl das Wohnhaus als auch die Werkstätten der Familie Fink. Später wird sich herausstellen: Der reine Sachschaden beläuft sich auf mehr als eine halbe Million Euro.

Foto: Natascha Fink

Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, der Morsbach plätschert nur wenige Meter weit entfernt ruhig vor sich hin – Idylle pur mitten im Morsbachtal. Kaum noch etwas erinnert an die Flutkatastrophe – heute vor genau 365 Tagen, am 14. Juli 2021, als die Wassermassen auch die Firma Allfolia überfluteten und zerstörten. Einzig ein paar Sandsäcke lehnen noch an einer Garagenwand auf dem Gelände der Firma. Hinter den blauen Hallentoren wird in den modernen Werkstätten inzwischen wieder gearbeitet.

„Hier ist alles neu“, erklärt Angelika Fink, „aufgrund des Wasserschadens mussten wir alle Böden rausreißen, die Wände sind neu gemacht. Das ist vielleicht das Gute an der Katastrophe, dass alles nun hochmodern ist.“

 14. Juli 2022, ein Jahr „danach“: Werner und Angelika Fink mit ihren Söhnen Daniel und Marvn (v. r.) haben das Schlimmste überstanden.

14. Juli 2022, ein Jahr „danach“: Werner und Angelika Fink mit ihren Söhnen Daniel und Marvn (v. r.) haben das Schlimmste überstanden.

Foto: Daniele Funke

Ein Jahr danach sind aber noch längst nicht alle Schäden behoben. Vor allem das Büro und der Empfangsraum, können noch nicht wieder genutzt werden. „Wir hatten früher drei PC, jetzt sitze ich aus Platzgründen mit einem Computer in einer provisorischen Ecke und alle wollen zeitgleich etwas daran machen – ein Ersatzteil bestellen, eine Rechnung drucken oder E-Mails versenden.“

Dabei ist ein großer Teil des neu aufgebauten Empfangbereichs bereits fertig. Der neue Boden ist drin, neue Wände wurden gezogen, ein moderner Tresen ist eingebaut. Doch noch hängen Kabel aus einer Wand, die Arbeiten schreiten nicht voran. „Wir haben augenscheinlich wirklich Pech mit dem Generalunternehmen, das wir für die Arbeiten beauftragt haben“, seufzt Werner Fink. „Seit Wochen tauchen die hier plötzlich nicht mehr auf und sind telefonisch auch nicht erreichbar.“ Er werde jetzt mal an der angegebenen Unternehmens-Adresse vorbeifahren, „Hoffentlich gibt es die überhaupt noch.“ Denn dieselbe Firma wollte auch die neue Heizungsanlage einbauen, nachdem die alte vom Wasser komplett zerstört worden war. „Es hieß, sie wollten Ende März die Heizung eingebaut haben, dann stellte sich heraus, dass diese im April noch nicht einmal bestellt worden war“, ärgert sich Angelika Fink. Das Schlimmste ist: „Wir haben ja sogar schon bezahlt.“

Scheinbar hat die Familie viel Unglück im Unglück gehabt. Denn die Schwierigkeiten begannen direkt unmittelbar nach dem Flutereignis. „Wir haben unsere Versicherung kontaktiert, da hieß es, unser Sachbarbeiter sei im Urlaub. So hörten wir erst mal gar nichts, obwohl wir betont hatten, dass es hier nicht nur um einen defekten Kühlschrank geht, sondern um unsere Existenz“, erinnert sich die 65-Jährige. Ein Nachbar, ebenfalls stark betroffen, erfuhr dagegen sofort Hilfe von seiner Versicherung.

„Spontane Unterstützung haben wir vor allem von der Stadt Remscheid und der IHK erhalten. Das wissen wir sehr zu schätzen und sind unendlich dankbar dafür“, erzählt Werner Fink erfreut, „und es ist auch schön, dass sowohl Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz als auch andere Vertreter und Politiker der Stadt sich nach wie vor um uns kümmern, vorbeikommen, um zu schauen, wie es uns geht, was noch getan werden muss.“

Rund 550.000 Euro beträgt der Schaden mittlerweile, 125.000 Euro mussten die Finks aus eigener Tasche zahlen. „Wir hatten erst am 1. Juli vergangenen Jahres eine Elementarversicherung abgeschlossen, die einen Vorlauf von vier Wochen beinhaltete. Wäre die Flut erst am 1. August gekommen, hätte die Versicherung alles bezahlt. Wir hatten einfach unglaublich Pech“, fasst es Werner Fink zusammen. Nun hofft die Familie, dass die NRW- Bank im Rahmen eins Förderpaketes von Land und Bund einen Großteil dieser Summe übernimmt. Doch auch hier gibt es Schwierigkeiten. „Die E-Mail-Kommunikation funktioniert einfach nicht, es werden keine E-Mails zugestellt und umgekehrt keine empfangen.“

Trotz allem schaut die Familie positiv in die Zukunft. Der größte Teil der Folgeschäden ist behoben, die zerstörte Einliegerwohnung im Wohnhaus ist modernisiert und neu vermietet. Aber wie geht es ihnen innerlich? Was ist geblieben, Angst vor eine erneuten Flutkatastrophe? Werner Fink schüttet energisch den Kopf. „Nein, das passiert uns nicht wieder“, sagt er sehr energisch. Seine Frau Angelika empfindet diese Sicherheit nicht. „Ich weiß zwar, dass der Morsbach jetzt ausgebaggert wurde, dass nicht wieder eine Talsperre geöffnet wird, dass also eine Wiederholung nahezu ausgeschlossen ist. Aber trotz allem – die innere Unruhe bei Regen bleibt einfach. Ob das jemals verschwinden wird? Ehrlich gesagt, ich weiß es wirklich nicht.“

Sonderseite zur Flut D2

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