Corona-Krise in Mettmann „Kirche bietet jetzt Seelsorge to go“

Mettmann · Auch die Seelsorge ist in Zeiten von Corona anders geworden. Doch das Wichtigste bleibt: zuhören.

Stellvertretender Kreisdechant: „Kirche bietet jetzt Seelsorge to go“
Foto: Dietrich Janicki/Janicki, Dietrich (jd-)

Herbert Ullmann, Leitender Pfarrer der Katholischen Kirche Mettmann und stellvertretender Kreisdechant, hat jetzt in einem Altenstift einen Gottesdienst unter freiem Himmel abgehalten. Auch für ihn eine ungewohnte Situation. Im Gespräch mit unserer Redaktion berichtet er, wie er angesichts der Corona-Krise die Stimmung bei den Menschen wahrnimmt.

Herr Ullmann, haben Sie den Eindruck, dass in Zeiten von Corona auch kirchenferne Menschen der Kirche wieder näher rücken?

Ullmann Eine derart bedrohliche Situation, wie wir sie im Augenblick erleben, ist nicht dazu angetan, die Kirche wieder „gesellschaftsfähig“ zu machen. Wenn aber Menschen sich grundlegende Fragen für ihr Leben stellen – und Zukunftsängste und existenzielle Sorgen gehören dazu – und in der biblischen Glaubensverkündigung durch den Dienst der Kirche – je unmittelbarer desto hilfreicher – eine Hilfe für sich erkennen, haben sich unsere „Angebote“ gelohnt. Mit Kirchendistanzierten bin ich ohnehin „das Jahr über“ immer wieder im Gespräch. Nach der zweiten Woche der Corona-Epidemie in unserem Land sehe ich noch keine konkrete „neue Kirchlichkeit“, eher eine langsam wachsende Neugier, was den Christ(inne)n dazu zu sagen haben.

Können Sie den Menschen mit Rat und Seelsorge helfen? Oder haben Sie den Eindruck, dass auch Sie dem Geschehen derzeit macht- und hilflos gegenüber stehen?

Ullmann Auch mit mir macht die Bedrohung durch den Virus etwas. Ich bin da kein Außenstehender. Ich bin Betroffener, aber ich stehe auf dem Boden meiner Glaubenserfahrung und meines Vertrauens in Gott, der mich noch nie in schweren Belastungen allein gelassen hat. Davon kann ich Zeugnis geben und vielleicht damit Mut machen. Manche brauchen vielleicht „nur“ eine kleine finanzielle Überbrückungshilfe und jemanden, der bei ihnen stehen bleibt und ein paar Minuten zuhört.

Welchen Trost kann Kirche derzeit bieten? Was sagen Sie den Menschen, die sich Ihnen mit ihrer Angst und ihren Sorgen anvertrauen?

Ullmann Ich telefoniere und maile im Augenblick viel. Ich habe da keine Standardantworten im „Repertoire“. Den Menschen in der Telefonleitung, auf der Straße oder an der Tür ernst zu nehmen in den jeweils ganz verschiedenen Nöten oder Fragen ist schon erster Brückenschlag. Ich versuche, mich da persönlich mit dem Trost den ich selbst empfinde, einzubringen. Die direkte Frage nach Gott – wie etwa bei 9/11 oder dem Germanwings-Absturz vor fünf Jahren – oder einer biblischen oder gar kirchlich-lehramtlichen Antwort taucht kaum auf. Jeden bewegt in seiner je eigenen Herausforderung anderes. Solche Sorgen nicht klein zu reden oder zu beschwichtigen ist „Seelsorge to go“.

(arue)
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