Filmfestspiele Cannes Tarantino schwelgt in Nostalgie

Cannes · Ein neuer Quentin-Tarantino-Film ist immer ein Ereignis. Besonders aber auf einem Festival in Cannes, wo in diesem Jahr kein anderer Film so lange Schlangen mit sich brachte wie „Once Upon a Time in Hollywood“.

Und soviel sei verraten – gegen die Bitte von Tarantino selbst, der per Pressemitteilung darum bat, keine Spoiler preiszugeben: Zumindest das Publikum in Cannes enttäuschte er nicht.

Denn was Tarantino zum Ereignis macht, und was ihn gleichzeitig zum Zentral-Idol des Festival an der Croisette werden lässt, ist seine unbedingte, ja obsessive Liebe zum Kino. Zum Kino, wie es früher war. Mit seinen Helden und Bösewichten, seinem Macho-Gehabe und seinen Celluloid-Filmrollen. „Once Upon a Time in Hollywood“ funktioniert als Film genau da bestens, wo Tarantino diese Obsession bis ins kleinste Detail der Ausstattung auslebt.

Leonardo Di Caprio spielt Rick Dalton, einen in die Jahre gekommenen Star, dessen Western-Serie gerade abgesetzt wurde und dem nächtens beim sechsten Glas Whisky weinerlich die Selbstzweifel überkommen. Schlimmeres verhindert sein von Brad Pitt gespielter Stuntman Cliff Booth, der auch außerhalb von Dreharbeiten einspringt, sei es als Fahrer oder als schweigsames Gegenüber.

Man schreibt das Jahr 1969, und um seine beiden Helden herum rekonstruiert Tarantino das Los Angeles dieser Zeit mit den Lokalen und Gebäuden, in denen damals „Hollywood“ verkehrte, mit jeder Menge beiläufig platzierter Filmplakate und ein paar „Cameos“ wie das von Damien Lewis als Steve McQueen. Wenn Brad Pitt als Booth den breiten Schlitten seines Arbeitgebers durch die Gegend fährt, fällt sein Blick ab und an auf leicht bekleidete, trampende Hippies mit langen Haaren. Ach, und in die Villa neben Dalton am Cielo Drive ist gerade der polnische Regisseur Roman Polanski mit seiner Frau Sharon Tate (Margot Robbie) eingezogen.

Denn das ist nun mal die andere Obsession von Tarantino: die Gewalt. Und die starken, wie Drogen wirkenden Bilder, die das Kino daraus machen kann. Aber wie noch in keinem Tarantino-Film sind die Gewaltszenen in „Once Upon a Time in Hollywood“ das Schwächste. Der Film lebt und atmet, wenn er seine ausgestellt altmodischen Helden durch das Hollywood jener Jahre streifen lässt und von früher schwärmen lässt: Es ist in Nostalgie gepackte Nostalgie.

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