Korruptionsverdacht Justiz in Brasilien ordnet Festnahme von Ex-Präsident Temer an

Rio de Janeiro · Der unter Korruptionsverdacht stehende brasilianische Ex-Präsident Michel Temer muss zurück ins Gefängnis. Dieser kritisierte die Anordnung des Berufungsgerichts, kündigte aber an, sich am Donnerstag den Behörden zu stellen.

Ein Berufungsgericht in Rio de Janeiro ordnete am Mittwoch die Inhaftierung des 78-Jährigen an und kippte damit die Entscheidung eines Richters, der Temer im März wenige Tage nach seiner Festnahme wieder auf freien Fuß gesetzt hatte.

Temer war im März im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre "Lava Jato" (Autowäsche) um den Staatskonzern Petrobras festgenommen worden, die bereits seinen Amtsvorgänger Luiz Inácio Lula da Silva ins Gefängnis gebracht hatte. Er saß mehrere Tage lang in Untersuchungshaft und kam dann auf Anordnung eines Richters in erster Instanz frei.

Das Berufungsgericht revidierte diese Entscheidung nun. Die Anordnung zur Inhaftierung trete mit sofortiger Wirkung in Kraft, sagte ein Gerichtsvertreter der Nachrichtenagentur AFP.

"Das ist eine unerfreuliche Überraschung für mich, aber ich werde mich morgen freiwillig stellen", sagte der frühere Staatschef am Mittwochabend vor seinem Haus in São Paulo. Die Entscheidung, ihn erneut zu inhaftieren, sei "komplett falsch".

Temers Anwalt Eduardo Carnelos sagte, für die Inhaftierung des Ex-Präsidenten gebe es keinen Grund. Selbst die Richter seien der Ansicht, dass weder Fluchtgefahr bestehe noch das Risiko, dass Beweise vernichtet würden. Vielmehr solle mit der Entscheidung "ein Exempel für die Gesellschaft" statuiert werden.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Temer, Kopf einer kriminellen Organisation zu sein, die in verschiedene Verbrechen wie Korruption, Geldwäsche und Betrug involviert sei. Unter anderem soll die Gruppe Schmiergelder im Zusammenhang mit dem Bau eines Atomkraftwerks ausgehandelt haben.

Temer, der das Präsidentenamt Ende 2018 nach zweieinhalb Jahren abgegeben hatte, war der unbeliebteste brasilianische Staatschef überhaupt. Schon während seiner Amtszeit waren Korruptionsvorwürfe gegen ihn laut geworden.

(lukra/AFP)
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