Pro und Contra Ist Borussias 4-3-3-System geknackt?

Mönchengladbach · Das 4-3-3-System steht für den Neuanfang und den Erfolg der ersten 20 Spieltage. Jetzt ist Borussias Ansatz aber ins Stocken geraten. Ist das 4-3-3 entzaubert? Eine Debatte.

 Mit dem 4-3-3-System hatte Borussia in dieser Saison viel Grund zur Freude.

Mit dem 4-3-3-System hatte Borussia in dieser Saison viel Grund zur Freude.

Foto: dpa/Marius Becker

Pro (Sebastian Hochrainer)

Ja, der nächste System-Schritt muss her

Es war auch der Überraschungseffekt, der Borussia dabei geholfen hatte, in den ersten 20 Spieltagen sehr erfolgreich zu sein. Die Systemänderung vom 4-4-2 auf das 4-3-3 fruchtete. Weil es zur Mannschaft passt und weil sich die Konkurrenten in der Bundesliga schon so sehr auf das alte System von Lucien Favre gewöhnt hatten, dass sie von der neuen Spiel-DNA förmlich überrumpelt wurden. Das neue Gladbach war den anderen Teams völlig fremd und das nutzte das Team gnadenlos für sich aus.

Vergleichbar war das Ganze etwa mit der TSG 1899 Hoffenheim in der Saison 2008/2009. Als Aufsteiger standen die Hoffenheimer am 19. Spieltag sogar noch an der Tabellenspitze, ehe der Moment kam, in dem die Ralf Rangnicks Mannschaft in der Bundesliga angekommen war: Nämlich in den Köpfen der Konkurrenz.

Vergleichbar ist es nun auch bei Borussia. Die Teams haben das neue System kennengelernt, das oftmals auf eine unangenehme Art und Weise, aber sie haben sich darauf eingestellt.  Die vergangenen Spiele haben gezeigt, wie Heckings 4-3-3 zu knacken ist.

Borussia Mönchengladbach - Bayern München: die Bilder des Spiels
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Nun ist es noch lange nicht soweit, das 4-3-3 in seiner Grundsätzlichkeit zu hinterfragen. Um als Gegner dagegen anzukommen, ist nach wie vor sehr viel Qualität von Nöten. Nicht viele Mannschaften werden gegen die Offensivstärke der Borussen mit drei Stürmern widerstehen können. Gegen die Teams, die diesem Sturmdrang der Gladbacher widerstehen können, bekommt Borussia jedoch Probleme, wenn es in seiner Ausrichtung nicht flexibler und unberechenbarer wird.

Vor der Wintervorbereitung kündigte Hecking an, die Mannschaft im Spiel mit einer Dreierkette verbessern zu wollen. Darauf verzichtete der Trainer jedoch, dabei wäre es vielleicht gegen Bayern eine bessere Variante gewesen. Auch im Angriff wäre es sinnvoll, sich Alternativen zu schaffen. Mit zwei Spielern im Zentrum könnte es so wieder gelingen, Alassane Plea wieder besser einzubinden.

Es besteht trotz der aktuellen Delle, die jeder Mannschaft in der Bundesliga zusteht, kein Grund, die Vorhaben über den Haufen zu werfen. Aber es ist die Zeit gekommen, in der die Borussen, insbesondere Hecking als Takt(ik)geber, den nächsten System-Schritt machen müssen. Und so bei Gladbachs Gegnern wieder für einen Überraschungseffekt zu sorgen.

Contra (Karsten Kellermann)

Nein, es bleibt der Schlüssel zum Erfolg

Es ist nur eine Zahlenkombination, die dafür steht, wie zehn Feldspieler formiert werden, eine von vielen mithin. Doch das 4-3-3 symbolisiert gerade in dieser Saison in Gladbach auch den neuen Weg, der bewusst gewählt wurde, um sich zu emanzipieren von dem, was sich abgenutzt hatte nach langer, erfolgreicher Zeit. Und das 4-3-3  ist das Signal zur Attacke, das Trainer Dieter Hecking gegeben hat: Borussia will wieder mutig nach vorn spielen mit mehr Offensivgeist.

Die Botschaft kam an, das 4-3-3 war der Schlüssel zum Erfolg in der Hinrunde. Es jetzt zu kippen, wäre kein grundsätzliches Eingestehen des Scheiterns, doch wäre es ein Abweichen von der klaren Linie, die es in dieser Saison gibt, vielleicht sogar Aktionismus. Die Borussen haben stets betont, dass sie an das glauben, was sie tun. Das haben sie auch auf den Rasen gebracht in den meisten Spielen. Zuletzt ist die Systematik ins Stottern geraten, die Selbstverständlichkeit fehlte, die Problemzonen des Systems offenbarten sich.

Fraglos haben sich die Gegner auf Borussia eingestellt. Doch ist genau das der Punkt an dem sich die Qualität dessen, was sich der Trainer und seine Spieler erarbeitet haben, zeigen wird: Ist es  krisenfähig oder nicht? Die Borussen müssten erpicht sein, das, was historisch verankert ist bei Hennes Weisweilers Fohlenelf und zugleich für den Neuaufbruch in der Gegenwart steht, zu verteidigen und zu bewahren.

Borussia Mönchengladbach - Bayern München: die Fohlen in der Einzelkritik
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Hecking muss trotzdem neue Akzente setzen, auch er wird Interesse daran haben, sein „Baby“ wieder zum Symbol des Erfolgs zu machen. Sicherlich kann eine Doppelsechs eine systemtreue Modifikationsvariante sein. Oder ein Dreieck in der Offensive mit zwei Angreifern weiter vorn und einer hängenden Spitze. Doch auch in der „klassischen“ Systematik kann der Trainer Akzente setzen. In Raffael gibt es eine weitere Option für das offensive Zentrum, das eröffnet auch in der Personalie Lars Stindl neue Möglichkeiten (Achter?). Zuverlässige Männer wie Tony Jantschke und Tobias Strobl könnten für mehr defensive Stabilität sorgen. Und einer wie Patrick Herrmann kann immer ein positives Element sein.

Gerade im anstehenden Saisonabschnitt ist es wichtig, mutig und bestimmt aufzutreten, schließlich wurde in dieser Phase während der Hinrunde extrem gut gepunktet. Borussia will wieder in die Erfolgsspur – und das 4-3-3 bleibt der Schlüssel dazu.

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