„Revolutionär“ oder nicht? Experten haben Zweifel an Bluttest auf Brustkrebs

Düsseldorf · Mit einem Bluttest soll Brustkrebs frühzeitig erkannt werden können. Das Verfahren der Universitätsklinik Heidelberg ist aber nicht so zuverlässig wie erhofft. Experten sind skeptisch.

 Die Methoden der Brustkrebsvorsorge sind nicht unumstritten.

Die Methoden der Brustkrebsvorsorge sind nicht unumstritten.

Foto: dpa, Patrick Seeger

Forscher der Uniklinik Heidelberg haben einen Bluttest entwickelt, der nach ihren Angaben Brustkrebs bereits sehr früh entdecken kann. Im Blut erkrankter Frauen konnten sie 15 verschiedene Biomarker identifizieren, mit deren Hilfe sich auch kleine Tumoren nachweisen ließen. Christof Sohn, leitender Gynäkologe in Heidelberg, nannte den Test, für den wenige Milliliter Blut benötigt werden, bei der Vorstellung in Düsseldorf „revolutionär“. Noch in diesem Jahr soll der Test auf den Markt kommen.

Der neue Test solle Verfahren wie Mammografie, Ultraschall und MRT nicht ersetzen, hieß es. Vielmehr könne er eine möglicherweise sehr frühe Krebsdiagnose stellen, noch bevor ein Tumor sicht- und behandelbar sei. Der Bluttest setzt Frauen keiner Strahlenbelastung aus.

Erste Studien lieferten, was die Zuverlässigkeit des Tests betrifft, unterschiedliche Werte. Bei Frauen über 50 Jahren lag die Sensitivität (also die korrekte Trefferquote bei tatsächlich vorhandenen Tumoren) laut Sohn bei 75 Prozent. Das heißt: Bei drei Viertel aller Krebspatientinnen gab der Test zutreffend positiv Alarm, bei einem Viertel versagte er; dagegen ist die oft kritisierte Mammografie mit 78 Prozent etwas genauer. „Es lässt sich bei einem solchen Test tatsächlich nicht vermeiden, dass er manchmal Gesundheit meldet, obwohl die Frauen in Wirklichkeit bereits erkrankt sind“, sagte Sohn unserer Redaktion.

Andersherum kommt es, wie die Forscher einräumen, in einem Teil der Fälle auch zu falsch-positiven Befunden: Dann sagt der Test, eine Frau sei krank, obwohl sie gesund ist. Bei Frauen unter 50 Jahren identifiziert der Test angeblich mit 86 Prozent deutlich sicherer eine Krebserkrankung.

Weitere Studien sollen die genauen Einsatzbereiche des Tests prüfen. Ziel sind zudem Frauen mit genetisch bedingtem hohen Risiko für Brustkrebs. Skeptiker glauben allerdings, dass es noch dauern könnte, bis der Test überhaupt allgemein etabliert sei. Stefan Lange vom Kölner Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sagte: „Verlässliche Studiendaten liegen uns noch nicht vor.“ Matthias Korell, Brustexperte am Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss, meint: „Ein solcher Test ist interessant, aber auch emotional gefährlich, weil er Frauen eine möglicherweise sehr frühe Krebsdiagnose beschert, für die es vorerst keine therapeutische Antwort außer Abwarten und weiteren belastenden Kontrolluntersuchungen gibt.“

Ob sich der Test in der gynäkologischen Praxis bewährt, wird die Zukunft zeigen. Über die Kosten gibt es noch keine Angaben. Ein vergleichbarer Tumortest in der Urologie, der PCA3-Test (der bei der Diagnostik des Prostatakarzinoms kaum noch eine Rolle spielt), kostet den Privatzahler knapp 350 Euro.

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