Borussia-Legende Berti Vogts „Mein Herz hat für Fortuna geschlagen“

Mönchengladbach · Berti Vogts war zu Gast beim „Talk auf dem Gelben Sofa“ in Mönchengladbach. Borussias Legende nahm das Publikum mit auf eine fußballerische Zeitreise. Der 71-Jährige erzählte Anekdoten aus seiner Jugend und verriet, was er vom aktuellen Fußball hält.

 Berti Vogts und RP-Redakteur Karsten Kellermann auf dem ­gelben Sofa.

Berti Vogts und RP-Redakteur Karsten Kellermann auf dem ­gelben Sofa.

Foto: Reichartz,Hans-Peter (hpr)

Der Abend beginnt mit so etwas wie einer Beichte. Berti Vogts sitzt beim „Talk auf dem Gelben Sofa“ und erzählt aus seiner Jugend. „Damals“, sagt der 71-Jährige, „hat mein Herz für Fortuna Düsseldorf geschlagen. Dort spielten meine Idole. Ich bin mit der Straßenbahn ins Stadion gefahren.“ Er ist schließlich auf Empfehlung bei Borussia Mönchengladbach gelandet. Der Rest ist Geschichte. Der „Terrier“, wie er wegen seiner Hartnäckigkeit in der Defensivarbeit genannt wurde, ist bis heute mit 419 Einsätzen Rekordspieler des Vereins. An diesem Abend sitzt er beim „Talk auf dem Gelben Sofa“ unserer Redaktion in dem Mönchengladbacher Einrichtungshaus Schaffrath. Im Gespräch mit RP-Sportredakteur Karsten Kellermann nimmt Vogts das Publikum auf eine fußballerische Zeitreise. Hier eine Geschichte von früher, dort Klartext, was Vogts vom aktuellen Fußball hält.

Vogts ist ein begehrter Gesprächspartner. Unlängst hat er einen Anruf vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) bekommen. Am anderen Ende der Leitung war Oliver Bierhoff, der Teammanager. Bierhoff suchte mit Vogts den Austausch nach dem desaströsen Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Russland mit dem Aus in der Vorrunde. Vogts hatte hernach deutliche Worte in Richtung DFB gefunden, dem Verband unter anderem Bequemlichkeit vorgeworfen. Und auch in dem Austausch hat sich Vogts klar positioniert. „Wenn man Ja-Sager sucht, ist man bei mir an der falschen Adresse“, erzählt er. „Wenn man weiterkommen will, muss man über den Tellerrand hinausschauen.“ Vogts regt unter anderem Veränderungen in der Trainerausbildung an. „Junge Trainer sollten auch im Ausland Erfahrungen sammeln“, befindet er. Joachim Löw, so Vogts, sei indes nach wie vor der Richtige auf dem Posten des Bundestrainers. „Er hat so viele Erfolge gehabt, er hat diese Chance nochmal verdient.“ Und wie könnte es personell in der Zeit nach Löw aussehen? „Ich kann es mir nur schwer vorstellen, dass die deutsche Nationalmannschaft von einem ausländischen Trainer betreut wird. Allerdings gibt es momentan auch nicht allzu viele Alternativen. Es braucht mehr als einen Laptop, um dauerhaft erfolgreich zu sein.“

Vogts ist ein dankbarer Gesprächspartner. Er trägt ein unfassbares Wissen mit sich herum. „Die Geschichte muss ich eben noch erzählen“, sagt Vogts und erzählt. Die Zuschauer hängen an seinen Lippen. Weil er vieles mit einem Augenzwinkern verpackt. Weil er Anekdoten nicht um jeden Preis raushaut, sondern Respekt wahrt vor alten Weggefährten. Weil er es auch mal bei einem „Weiß nicht“ belässt und erst gar nicht wie andere Dampfplauderer versucht, auf alles eine Antwort zu finden.

Wenn es um die aktuelle Entwicklung von Bundesligaklubs geht, sagt er: „Ich bin mittlerweile zu weit entfernt von der Szene, um das beantworten zu können.“ Eine wohltuende Zurückhaltung in einer ansonsten schnell aufheizten Branche. Vogts drückt sich aber auch nicht davor, Dinge anzusprechen.

Wie viel wäre eigentlich Berti Vogts heute als Spieler wert? Vogts lacht. „Nicht zu beziffern“, sagt er und grinst das typische Berti-Vogts-Grinsen. „Ich habe damals bei Gladbach 3000 Euro im Monat verdient, dazu Punktprämien. Als mir damals eine Vertragsverlängerung mit 200.000 D-Mark angeboten wurde, habe ich mir sofort einen Kugelschreiber geben lassen, um zu unterschreiben.“ Und was traut Vogts der aktuellen Spielergeneration bei „seiner“ Borussia zu: „Wenn sie so spielt wie zuletzt, traue ich ihr einen Europa-League-Platz zu.“

(gic)
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