Umdenken in der Stürmerfrage Ist die traurige Zeit für Neuner bei Borussia vorbei?

Mönchengladbach · Seit der Zeit Lucien Favres waren Mittelstürmer in Gladbach nicht angesagt. Darum sind Spieler wie Luuk de Jong gescheitert. Jetzt gibt es aber ein Umdenken. Ob das Erfolg hat, entscheiden die Tore.

 Peniel Mlapa jubelt hier über sein Tor gegen Marseille. Viel Grund zur Freude hatte er aber nicht in Gladbach.

Peniel Mlapa jubelt hier über sein Tor gegen Marseille. Viel Grund zur Freude hatte er aber nicht in Gladbach.

Foto: imago sportfotodienst

Immerhin: Die Zulieferer sind schon da – oder fast da. Andreas Poulsen (18) wurde vergangene Woche geholt, die Mitteilung, dass Michael Lang (27) in der nächsten Saison Borusse sein wird, dürfte es in den nächsten Tagen geben. Vier Millionen Euro für Poulsen, vermutlich knapp drei Millionen für Lang – insgesamt sieben Millionen hat Gladbach dann in Spieler investiert, die Außenverteidiger mit viel Vorwärtsdrang sind und somit dafür sorgen können, dass immer wieder Bälle in den Strafraum kommen. Auch Keanan Bennetts, der Engländer, sei in dem Zusammenhang erwähnt. Er ist eine Mischung aus Außenbahnspieler und Außenstürmer, ergo auch einer, der Bälle in die Box bringen kann.

Jetzt fehlt noch der Abnehmer. Der, der die Bälle vorne reinmacht. Der Mittelstürmer. Die Nummer 9. Dass das Trikot mit dieser Rückennummer, ein Klassiker eigentlich, derzeit nicht vergeben ist in Mönchengladbach, belegt aber, dass Borussia und die Neuner in den vergangenen Jahren ein gespaltetes Verhältnis hatten. Josip Drmic hat die 9 wieder abgegeben. Vielleicht, weil ihm die Last dieser Nummer zu groß war, weil er die Erwartungen, die damit verknüpft sind, nicht erfüllen konnte – oder, weil sie für einen Stürmertyp steht, der nicht gefragt war. Sie war ein falsches Label. Wo es keine Neuner gibt, braucht man keine 9.

 Auch Luuk de Jong verzweifelte in seiner Borussen-Zeit öfter, als dass er jubeln konnte. Vier Tore in 31 Spielen gelangen ihm.

Auch Luuk de Jong verzweifelte in seiner Borussen-Zeit öfter, als dass er jubeln konnte. Vier Tore in 31 Spielen gelangen ihm.

Foto: dpa/dpa, Fredrik von Erichsen

Seit der Zeit Lucien Favres sind Stürmer in Gladbach Neuneinhalber, Mischwesen aus kreativem Mittelfeldmann und Torjäger: Marco Reus, Max Kruse, Raffael oder Lars Stindl. Tore in Gladbach wurden nicht einfach nur erzielt, sondern erkombiniert, der Weg gehörte zum Ziel. Einfach Flanke, Kopfball, Tor, das war bei Favre, aber auch später bei André Schubert, verpönt. Entsprechende Stürmertypen standen auf dem Platz – oder eben nicht.

Der einzige echte Mittelstürmer, der sich durchsetzte in jenen Jahren, war Mike Hanke – weil er umfunktioniert wurde zum Wandspieler, er war nicht der Torjäger, sondern der Ball-Festmacher, der Ball-Ableger, der Doppelpass-Partner. Am Ende war Hanke mehr Neuneinhalb als 9, sein Tor gegen Schalke im Februar 2012 war Tiki Taka in Reinkultur, der Höhepunkt von „Borussia Barcelona“.

 Auch Raúl Bobadilla konnte in der abgelaufenen Saison nicht den Nachweis erbringen, dass eine Nummer 9 in Gladbach unabdinglich ist.

Auch Raúl Bobadilla konnte in der abgelaufenen Saison nicht den Nachweis erbringen, dass eine Nummer 9 in Gladbach unabdinglich ist.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Wer sich nicht adaptieren konnte, scheiterte. Weswegen Borussia fast 30 Millionen Euro ausgab für Mittelstürmer, die nicht ankamen. Luuk de Jong, der 2012 aus Enschede kam, kostete offiziell zwölf Millionen Euro, für Peniel Mlapa, der in der kommenden Saison bei VVV Venlo spielt, zahlte Gladbach drei Millionen Euro, zehn für Josip Drmic und im vergangenen Jahr zwei für Raúl Bobadilla, der früher schon die Nummer 9 in Gladbach war, und nun mit der Nummer 26 als Neuner der Plan B sein sollte.

De Jong (31 Spiele, vier Tore, zwei Vorlagen) versuchte es eineinhalb Jahre, dann gab es eine Leih-Episode in Newcastle und 2014 die Rückkehr in die Heimat. Auch Mlapa (31/4/2), Drmic (49/5/5) und Bobadilla (13/0/0) konnten nicht den Nachweis erbringen, dass eine Nummer 9 unabdinglich ist in MG. Bobadilla hatte wohl die besten Chancen, schließlich gehört beim aktuellen Trainer Dieter Hecking ein Strafraumstürmer eigentlich dazu. Bas Dost war es zum Beispiel in Wolfsburg. Bobadilla war aber oft verletzt und ein Flop.

Nun gibt es ein Umdenken in der Stürmerfrage bei Borussia: Max Eberl sucht ganz explizit einen Mittelstürmer. Der wird viel Geld kosten. Darum wird er auch nicht mehr nur Plan B sein, sondern mindestens die 1b-Variante. „Im Sommer wird es einen Versuch geben, etwas Neues auf den Weg zu bringen“, sagte der Manager. Einigermaßen groß, schnell, treffsicher, aber auch spielerisch gut soll der Mann sein. Der Klassiker. Und er soll den Strafraum als sein Hauptbetätigungsfeld ansehen. Auf Männer wie Niclas Füllkrug und Alassane Plea passt die Beschreibung, beide sind im Fokus der Borussen. 16 Pflichtspieltore erzielte der Hannoveraner in der vergangenen Saison, Plea kam auf 21 Treffer.

Dass de Jong (er wäre übrigens für zehn Millionen Euro zu haben) oder der bullige Mlapa vielleicht jetzt ein besseres Standing in Gladbach hätten, ist keine abwegige These. Es war eben nicht die Zeit der Mittelstürmer bei Borussia. Doch sie soll jetzt wiederkommen, die traurige Zeit der Neuner in Gladbach vorbei sein. Letztlich ist es jedoch eine Frage der Tore. Sie werden darüber entscheiden, ob die Rückkehr des Mittelstürmers funktioniert oder nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort