Fotos 2008: Das Kinojahr der gebrochenen Helden
Strahlemänner sind out - die Kinoleinwände waren in diesem Jahr bevölkert von alkoholisierten Superhelden, liebeskranken Geheimagenten, alternden Peitschenschwingern und rasiermesserschwingenden Barbieren. Damit passen die Filme in eine von politischen und wirtschaftlichen Krisen geprägte Zeit
Der härteste Bond, den es je gab. Doch der neue 007 (Daniel Craig) ist auf seiner zweiten Leinwandmission "Ein Quantum Trost" auf einem persönlichen Rachefeldzug: er versucht, die Mörder seiner Geliebten Vesper zu finden und gerät in das Netz der Rohstoffmafia. Der erfolgreichste Film des Jahres.
Allen Grund zur Freude hat Hollywood-Ikone Meryl Streep. Ihr neuester Film "Mamma Mia!" schaffte es auf Platz 2 der deutschen Kinocharts. Auch Ex-Bond Pierce Brosnan trällert in der Verfilmung des gleichnamigen ABBA-Musicals mit.
Selbst mit einem dicken Kopf von der letzten durchzechten Nacht rettet Hancock (Will Smith) nebenbei Menschenleben. Leider legt er dabei jedes Mal halb Los Angeles in Schutt und Asche. Klar, dass die Bewohner der Stadt den Superalkoholiker in eine Entziehungsklinik stecken. Die Begegnung mit seiner ebenfalls mit Heldenkräften ausgestatteten Ex-Freundin Mary (Charlize Theron) sorgt für weiteres Chaos . 3,9 Mio Zuschauer fanden's gut - so schaffte es "Hancock" auf Platz 3 der deutschen Jahresbestliste.
Zum Lachen geht man dieses Jahr wieder ins Kino und nicht in den Keller: "Willkommen bei den Sch'tis" sorgt für volle Säle in den Alternativkinos und für Lachanfälle beim Publikum. In Frankreich hatte die Komödie um einen Südfranzosen, den es in ein verregnetes nordfranzösisches Kaff verschlägt, mehr als 20 Mio. Zuschauer. In Deutschland waren's bisher knapp eine Million.
Batman alias Bruce Wayne (Christian Bale) hat sich "Willkommen bei den Sch'tis" garantiert nicht angesehen. Er ist in "The Dark Knight" viel zu sehr damit beschäftigt, den diabolisch gut gelaunten Joker (Heath Ledger) daran zu hindern, einen Menschen nach dem anderen umzubringen ...
... was dem Bösewicht mit dem ewigen Grinsen und schlechtem Make-Up offensichtlich viel Spaß bereitet. Der verstorbene Heath Ledger wird als heißer Oscar-Kandidat gehandelt. Den Produzenten von "The Dark Knight" kann es jetzt bereits egal sein: 2,8 Mio. Zuschauer allein in Deutschland, weltweite Einnahmen: 1 Milliarde US-Dollar.
Wer kann so einem Blick widerstehen? Gut 3,2 Millionen Kinobesucher wurden bei "Wall-E - Der Letzte räumt die Erde auf" schwach. Die Liebesgeschichte um den einsamen Müllroboter, der sich in die fesche Forschungsroboterin EVE verknallt, ist das neueste Wunderwerk aus der Animationsschmiede Pixar Studios. Die hatten zuvor bereits mit Filmperlen wie "Toy Story", "Findet Nemo" oder "Ratatouille" Animationsfilmgeschichte geschrieben.
"Madagascar 2" ist erst Anfang Dezember angelaufen, hat in der Startwoche aber bereits 1,5 Mio. Fans gefunden. Der tierische Familienspaß kommt offenbar vor allem bei den kleinen Kinobesuchern an.
Auch Dokumentationen locken die Menschen ins Kino. Sage und schreibe 3,8 Millionen Menschen wollten "Unsere Erde" sehen. Damit ist der Film, der in wunderbaren Bildern die Schönheit und Verletzlichkeit der Natur unseres Planeten beschwört, in der Top 5 der meistbesuchten Filme dieses Jahres.
Vielleicht der Geheimtipp des Jahres: In "Waltz with Bashir", der erste animierte Dokumentarfilm der Filmgeschichte, arbeitet Regisseur und Autor Ari Folman seine Erfahrungen als israelischer Soldat im Libanon-Krieg auf. Entstanden sind dabei traumähnliche Bilder und ein hypnotischer Soundtrack des Komponisten Max Richter.
Alter schützt vor Ärger nicht - das gilt für keinen Filmarchäologen mehr als für Indiana Jones. "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels", die langerwartete vierte Auflage von George Lucas' und Steven Spielbergs legendärer Abenteurerserie, blieb zwar hinter den Erwartungen zurück, die Peitsche schwingen kann Harrison Ford jedoch wie eh und je. 786 Millionen Euro spülte das augenzwinkernde Filmspektakel in die Kinokassen, in Deutschland haben 2,9 Mio. Zuschauer die Kristallschädeljagd verfolgt.
Johnny Depp ging dieses Jahr unter die Sänger. Mit "Sweeney Todd" verfilmte Tim Burton zusammen mit seinem Lieblingsschauspieler Johnny Depp ein erfolgreiches Bühnenmusical um den mörderischen Rachefeldzug eines singenden Barbiers. Leider ist Johnny Depp als Sänger eher mau - trotz toller Bilder lockte Sweeney Todd lockte er nur 470.000 Deutsche ins Kino.
New York bleibt die Welthauptstadt des Katastrophenfilms: Auch im Kinojahr 2008 wird der "Big Apple" wieder auf verschiedenste Weise in Schutt und Asche gelegt. Will Smith spielt in "I am Legend" den einzigen Überlebenden einer biochemischen Pandemie, und in "Cloverfield" verwüstet ein für den Kinozuschauer unsichtbares Wesen alles, was ihm in den Weg kommt.
Eine der aufwendigsten deutschen Kinoproduktionen des Jahres ist "Der Baader-Meinhof-Komplex". Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Uli Edel jagen die Elite der deutschen Schauspielerszene aufeinander los: Bruno Ganz, Heino Ferch, Martina Gedeck, Nadja Uhl, Moritz Bleibtreu, Alexandra Maria Lara, Jan Josef Liefers ...
Javier Bardem hat die Traumrolle des Jahres: In Woody Allens neuestem Film "Vicky Cristina Barcelona" ist er als spanischer Maler Juan Antonio der Geliebte von Scarlett Johannson, Penelopé Cruz und Rebecca Hall.
Wer Karten spielt, sollte nüchtern sein. Leider vergisst Gevatter Tod alias "Boanlkramer" (Michael Bully Herbig) diese Grundlektion, als er sich beim Spiel mit Brandner Kaspar von diesem betrunken machen lässt und sich prompt über's Ohr hauen lässt. Das Resultat: 21 Jahre mehr Lebenszeit für den Brandner. Das kann der Tod natürlich nicht auf sich sitzen lassen ...
Auch Düsseldorf schaffte es dieses Jahr auf die Große Leinwand: In Wim Wenders' neuen Film "Palermo Shooting" spielt der Tote-Hosen-Sänger Campino einen erfolgreichen Düsseldorfer Fotografen, den es während einer Lebenskrise vom Niederrhein ins sizilianische Palermo verschlägt.