Friedrich Kötter "Fehler in Köln-Bonn sind nicht zu entschuldigen"

Düsseldorf · Der Chef der Essener Dienstleistungsfirma Kötter spricht über die jüngsten Skandale am Flughafen Köln/Bonn um manipulierte Schulungszertifikate, den Verlust des Auftrags, die Aufarbeitung der Vorfälle und ein erneutes Engagement beim Oktoberfest in München.

 Friedrich Kötter im Interview mit unserer Redaktion.

Friedrich Kötter im Interview mit unserer Redaktion.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Für die Sicherheitsfirma Kötter sind stürmische Zeiten angebrochen. Der Skandal um angeblich gefälschte Schulungszertifikate für die Personal- und Warenkontrolleure am Flughafen Köln/Bonn hat der Firma eine Strafanzeige eingehandelt. Dann tauchte ein Schreiben auf, in dem Mitarbeiter einen Betriebsleiter beschuldigten, er habe sie bedroht und sei korrupt. Der Flughafen und Kötter einigten sich wenig später, den Vertrag vorzeitig im Januar 2018 aufzulösen.

Es scheint, als hätten Sie das Heft des Handelns an den Flughäfen nicht mehr in der Hand.

Kötter Es hat Fehler, Unaufrichtigkeiten, falsche Angaben und Versäumnisse gegeben. Das ist nicht zu entschuldigen. Wir stellen uns der Verantwortung, aber ich als Familienunternehmer stelle mich auch vor meine Belegschaft. Es ist falsch, viele aufrichtige und zuverlässige Mitarbeiter zu verunglimpfen, wenn einige wenige Fehler gemacht - oder gar böswillig manipuliert haben.

Gab es also kein Systemversagen, sondern nur einige schwarze Schafe?

Kötter Wir müssen gründlich und fair bleiben. Das sind wir den vielen ehrlichen und anständigen Mitarbeitern schuldig. Es sieht nach dem Versagen von ein oder zwei Ausbildern aus. Bei rund 100 Ausbildern ist eine permanente Überprüfung auch nicht ganz einfach.

Wie sind Sie bei der internen Aufklärung im Falle der gefälschten Schulungszertifikate vorgegangen?

Kötter Das erste anonyme Schreiben hat uns am Mittwoch erreicht. Daraufhin haben wir sofort die interne Revision von Essen nach Köln geschickt. Die haben schnell Unregelmäßigkeiten festgestellt und für einen ersten Bericht zusammengetragen. Der lag am Wochenende vor.

Und fiel wie aus?

Kötter Schockierend - um das ganz klar und deutlich zu sagen. Wir können leider noch nicht mit Sicherheit sagen, ob und welche konkreten Fehler gemacht wurden. Weitere Untersuchungen laufen bereits.

Wann ist der Fall ganz aufgearbeitet?

Kötter Wir sind schon mittendrin und arbeiten mit Hochdruck. Heute mussten wir feststellen, dass 23 Mitarbeiter in Köln/Bonn von der Bezirksregierung vorerst gesperrt werden, weil Prüfungen nachgeholt werden müssen. Das ist ein weiterer Rückschlag. Die müssen wir nun rasch nachschulen und prüfen. Ich kann Ihnen auch deshalb kein konkretes Datum nennen.

Welche Konsequenzen ziehen Sie?

Kötter Schnelle und harte: Wir setzen zunächst bei den Kontrollmechanismen an. Es hätte früher auffallen müssen, dass es Manipulationen gegeben hat. Wir werden alle betroffenen 160 Mitarbeiter in den kommenden acht Wochen nachschulen. Ab sofort sind zertifizierte Ausbilder aus anderen Standorten in Köln/Bonn im Einsatz. In Zukunft werden die Aufgaben von Ausbildern der Essener Kötter-Akademie übernommen. Das sorgt für Transparenz und schiebt Mauscheleien einen Riegel vor. Wir müssen die Prozesse rasch digitalisieren und engmaschiger gestalten. Die Revision hat ja festgestellt, dass Unterlagen fehlten, die noch ein paar Wochen zuvor da waren. Und wir haben personelle Konsequenzen gezogen.

Als da wären?

Kötter Wir haben sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit Matthias Mlottek einen erfahrenen Kollegen als kommissarischen Niederlassungsleiter in Köln/Bonn installiert, der dort das operative Geschäft führt. Zudem wurde der Geschäftsführende Direktor, Klaus Wedekind, von Peter Lange abgelöst.

Wedekind bleibt für den Justizvollzug zuständig. Das heißt: Sie haben kein Vertrauen in seine Arbeit am Flughafen, aber durchaus für die in den Gefängnissen?

Kötter Klaus Wedekind hat 16 Jahre erfolgreich für unser Unternehmen gearbeitet. Zum fairen Umgang mit Mitarbeitern gehört, dass man ihre Verdienste anerkennt - und nicht ausschließlich über Versäumnisse spricht.

Trotzdem scheidet er zum Jahresende aus dem Unternehmen aus.

Kötter Diese Entscheidung hat er mir bereits im März mitgeteilt.

Welche Anweisungen haben Sie seinem Nachfolger mitgegeben?

Kötter Peter Lange ist einer der erfahrensten Manager, die wir an Bord haben. Er hat aus seiner Zeit als Mitglied der Geschäftsführung des Airports Düsseldorf quasi Kerosin im Blut. Er kann gut mit großen Belegschaften umgehen. Er wird unser Verhältnis zur Gewerkschaft Verdi normalisieren.

Der Betriebsleiter, gegen den schwere Vorwürfe erhoben wurden, ist im Dienst?

Kötter Auch hier gilt: Wir bleiben gründlich und fair. Die interne Revision befragt alle Beteiligten. Sollte es ein Fehlverhalten gegeben haben, werden wir hart durchgreifen. Aber wir werden niemanden vorverurteilen, der womöglich nur anonym diskreditiert werden sollte.

Ist es klug, das Ganze nicht von einem externen Gutachter - etwa einer Anwaltskanzlei - prüfen zu lassen?

Kötter Unsere Revision ist unabhängig. Wenn Sie sich unsere Unternehmensstruktur anschauen, werden Sie feststellen, dass der Bereich Kötter Airport Security und die Kötter Verwaltungsdienstleistungen zwei unabhängige Unternehmen sind. Es gibt keine Interessenskonflikte. Vier Mitarbeiter der Revision und der Rechtsabteilung sind mit der Aufarbeitung betraut.

Wie groß ist der monetäre Schaden durch den Auftragsverlust?

Kötter Durch das vorzeitige Ende des Auftrags gehen uns rund sechs Millionen Euro Umsatz verloren.

Was heißt der Auftragsverlust für die 160 betroffenen Beschäftigten?

Kötter Wir werden bis zum letzten Tag einen guten Job machen. Die Mitarbeiter haben alle das Recht, zum Nachfolgeunternehmen zu wechseln. Wir werden alles tun, dass sie gut vorbereitet in den Übergang gehen. Das habe ich auch dem zuständigen Verdi-Landesvorstand Andrea Becker gerade zugesagt.

Sie sind weiterhin zuständig für die Passagierkontrolle in Köln. Wie hat der Auftraggeber - also die Bundespolizei - auf die Vorgänge reagiert?

Kötter Natürlich hat die Bundespolizei nachgefragt: "Was ist da los bei Euch?" Aber es gibt keinen Anlass zur Sorge, denn wir pflegen ein faires und vertrauensvolles Dienstverhältnis. Die Bundespolizei weiß, Kötter steht zu seinem Leistungsversprechen. Das haben wir am ersten Osterferienwochenende mit einem reibungslosen Ablauf der Passagierkontrollen in Köln/Bonn sowie in Düsseldorf auch klar bewiesen.

2016 waren Sie erstmals für die Sicherheit auf dem Oktoberfest verantwortlich. Was ist mit diesem Jahr?

Kötter Die Stadt München war offenbar mit unserer Arbeit zufrieden und hat uns erneut den Auftrag erteilt.

Machen sich die jüngsten Anschläge bei solchen Aufträgen bemerkbar?

Kötter Ja. Die Anforderungen bei Großevents sind natürlich gestiegen. Das wird entsprechend in den Sicherheitskonzepten, die die Veranstalter vorlegen, berücksichtigt. Im vergangenen Jahr hatten wir 500 Kräfte beim Oktoberfest im Einsatz. In diesem Jahr dürften es etwas mehr sein. Zudem werden Sie jetzt häufiger Beton-Sperren bei Großveranstaltungen erleben. Im Falle des Oktoberfestes sind aber nicht wir dafür zuständig, sondern die Sicherheitsbehörden.

MICHAEL BRÖCKER UND MAXIMILIAN PLÜCK FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

(RP)
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